„König der Löwen“ Disneys Shakespeare in der Steppe

Saarbrücken · 1994 wurde der Trickfilm „Der König der Löwen“ zu einem kolossalen Triumph für das Disney-Studio. Nun kommt der Stoff als computeranimierter Realfilm ins Kino. Wird da vor allem die Geldkuh gemolken?

 Simba macht mit seinem Vater erste Bekanntschaften.

Simba macht mit seinem Vater erste Bekanntschaften.

Foto: dpa/-

Man stellt sich schon die Frage, ob und warum das wirklich sein muss: Dass jetzt nach und nach allen Disney-Animations-Klassikern ein Realfilm-Remake verpasst wird. Eine Antwort lautet natürlich: Weil es eine Gelegenheit ist, die Geldkuh zu melken. Eine weitere, weil es technisch möglich ist. Tiere lassen sich heute so realistisch animieren, dass zwischen animalischen Bewegungen und menschlichen Gefühlen eine Symbiose entsteht.

25 Jahre nach dem Original spricht also doch einiges für die neue Version, für die Jon Favreau auch die Idealbesetzung auf dem Regiestuhl ist. Denn er hat sich ein großes Kinderherz bewahrt. Als Schauspieler bringt er eine gute Mischung aus Herzenswärme und Comedy-Timing mit. Und schließlich hat er sich auch als virtuoser Action-Regisseur profiliert, in den „Iron-Man“-Filmen, aber auch schon vor drei Jahren in der Realfilmversion von „The Jungle Book“. Wobei die Bezeichnung Realfilm irreführend ist; denn auch wenn es täuschend echt aussieht, sind doch alle Schauplätze und Tiere ausnahmslos am Computer generiert.

Umso wichtiger war es Favreau, eine gewisse Unmittelbarkeit in diese künstlichen Welten zu retten, indem er für die Möglichkeit spontaner Interaktionen sorgte: mit dem Kameramann, der direkt reagieren kann, fast so als würde er eine echte Kamera bedienen. Aber auch unter den Schauspielern, deren Synchronstimmen nicht einzeln in einer geschlossenen Kabine aufgenommen werden, sondern zusammen in einem Raum, in dem sie aufeinander reagieren. Dabei ist keine Wirklichkeit entstanden, aber doch eine leicht überhöhte, sehr magische Version davon.

 Simba im Film von 1994.

Simba im Film von 1994.

Foto: defd

So wird man gleich in den ersten Szenen in den Sog einer Welt gezogen, die spektakuläre Landschafts-, Natur- und Tieraufnahmen mit den rührenden Momenten eines Disney-Films verschmilzt. Die Geschichte ist im Wesentlichen dieselbe wie im Animations-Original von 1994. Ein Königsdrama von Shakespeare‘schen Dimensionen, nur versetzt mit ein paar modernen Gleichberechtigungs-, Transgender-, Mobbing- und Umweltschutz-Motiven. Mit der Präsentation des Löwenbabys Simba steigt der Film in den bekannten Kreislauf des Lebens ein, folgt dem tapsigen Welpen (Originalstimme Chiwetel Ejiofor) und seiner gleichaltrigen Freundin Nala (Originalstimme Beyoncé, die auch den Eröffnungssong beigesteuert hat) bei ihren ersten Erkundungen der Welt und in ein gefährliches Abenteuer im Knochenfriedhof der Elefanten, wo sie fast einer Intrige des bösen Onkels Scar zum Opfer fallen.

Die Jagd- und Fluchtszenen über Steppenlandschaften und Bergformationen sind mit enormer Rasanz inszeniert, und die Charaktere der Tiere fein herausgearbeitet. Ein Höhepunkt ist das ebenso liebenswerte wie komische Duo Pumbaa und Timon: dank kleinster Bewegungsdetails, beispielsweise wenn das auf dem Kopf des Schweins hockende Erdmännchen sich vorbeugt und seine kleinen Pfoten auf dessen Stirn überkreuzt.

In dieser kleinen Geste stecken betörend viele Informationen über die Freundschaft dieser ungleichen Geschöpfe. Das funktioniert erheblich besser als in „Mogli“ von Andy Serkis, der in seiner Version des Dschungel-Buchs die Körper von Panther, Schlange und Tiger per Performance-Capture-Verfahren mit Schauspielern wie Christian Bale, Cate Blanchett oder Benedict Cumberbatch verschmelzen wollte.

Hier nun staunt man über die atemraubende Naturtreue der Tiere, die einer spektakulären Naturdokumentation entstammen könnten, und zugleich mit feinen Nuancen von Menschlichkeit angereichert sind: Sind Nalas Wimpern nicht ein kleines bisschen länger als bei einer echten Löwendame? Liegt da nicht ein Hauch von Flirt in ihrem Blick, wenn sie Simba anschaut, ein kaum merkliches Wimpernklimpern?

„Der König der Löwen“ ist am Mittwoch  bei einigen Vorpremieren zu sehen und läuft ab Donnerstag dann  in fast allen Kinos der Region.

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