Die Sprühdose war gestern

Saarbrücken · Die Saarbrücker Galerie Zimmerling & Jungfleisch stellt zwei Graffiti-Künstler vor, deren Arbeiten sich motivisch und farblich auf den ersten Blick zwar gleichen, die aber unterschiedlichen Generationen von Urban Art-Künstlern angehören: John Crash Matos (Jahrgang 1961) und Pro176 (Jahrgang 1976). Im zweiten Jahr ihrer Existenz wollen die Galeristen neben dem Kunstbetrieb auch für eine Kunstzeitschrift arbeiten.

 Farblich und thematisch explosiv: ein Ausschnitt aus „Danger Zone Tribulation“ von Pro176. Foto: Zimmerling/Jungfleisch

Farblich und thematisch explosiv: ein Ausschnitt aus „Danger Zone Tribulation“ von Pro176. Foto: Zimmerling/Jungfleisch

Foto: Zimmerling/Jungfleisch

Der Amerikaner John Crash Matos (Jahrgang 1961) gilt als ein Vertreter des klassischen Graffiti. Er arbeitet nach wie vor mit der Spraydose, gerne auch auf Aluminiumplatten, so wie zu Beginn der Graffiti-Kunst, als die Sprayer sich auf New Yorks Subway-Zügen austobten. Der Franzose Pro176 (Jahrgang 1976) hingegen hat die Spraydose in den letzten Jahren immer häufiger gegen Acrylfarbe und Pinsel getauscht. Allein schon dadurch heben sich seine Werke farblich von Crashs Spray-Arbeiten ab, die wesentlich blasser, ja gewissermaßen "altmodisch" daherkommen im direkten Vergleich mit den knallig-bunten, satten, wild-kubistischen Comic-Adaptionen von Pro176, dessen Handschrift unverkennbar ist. Er nimmt hier Comic-Helden aus den 1960er Jahren auseinander und setzt ihre Fragmente, auch Schrift, in seinen dichten, detailreichen, unglaublich "schnellen" Bildern, die den Blick des Betrachters wie in einen Strudel ziehen, wieder zusammen. Hingegen sind die Schriftzüge und PopArt-Motive (oft sind es Augen) bei Crash eher "klassisches" Graffiti und in ihrer Form stark reduziert. In der UrbanArt-Szene gilt der New Yorker Graffiti-Künstler immer noch als große Nummer - war er doch einer der ersten, die schon Anfang der 1980er in einer Galerie ausstellten. Und doch zieht Crash hier eindeutig den Kürzeren.

Die Gegenüberstellung dieser beiden Künstler ist deshalb so reizvoll, weil sie zeigt, welchen "Sprung" die Street Art in den vergangenen Jahren gemacht hat: von der Straße ins Atelier und auf die Leinwand. Vom Sprayen zum Malen. Pro176 nennt übrigens Picasso und den Kubismus als Inspirationsquellen. Man sieht's.

Die Ausstellung läuft bis zum 9. April. Di-Fr: 10-12 und 17 bis 19 Uhr. Sa: 11-15 Uhr.

Das Geschäft läuft, die Farbe auch


Gut ein Jahr ist es her, dass die Galerie "Zimmerling & Jungfleisch" ihre Türen öffnete, direkt neben dem KuBa Kulturzentrum am Saarbrücker Eurobahnhof. Mit dem Kunsthandel Boesner gegenüber und mehreren Künstlerateliers hat sich das Areal zu einem kleinen Kunst-Zentrum entwickelt. Patrick Jungfleisch, in der UrbanArt-Welt international als Reso bekannt, zeigt sich aber nicht nur mit dem Standort, sondern auch mit der Geschäftsentwicklung zufrieden. "Kunden kommen aus ganz Deutschland und aus Europa", freut er sich. Als Experten sind er und sein Team gefragt: Für das Kunstmagazin "ArtMapp" ist die Galerie beauftragt, ein Sonderheft zum Thema "Urban Art" in Deutschland, der Schweiz und Österreich zusammenzustellen. Wann es erscheint, ist allerdings offen.

Und dann ist da noch Resos eigene Kunst: In seiner neuesten Serie hat er sich von den für ihn typischen grafischen Schriftzügen verabschiedet, arbeitet völlig abstrakt: Reso lässt die Farbe dosiert über monochrome Leinwand laufen. "Das ist unkalkulierbar", sagt er. "Und für mich total neu."

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