Die Serie „Call my Agent!“ auf DVD und beim Sony Channel Serie „Call my Agent!“: Zehn Prozent und 1001 Krisen

Saarbrücken · Irrungen, Wirrungen, aufgeblähte Egos: Die exzellente französische Serie „Call my Agent!“ erzählt, garniert mit Star-Auftritten, von einer Pariser Künstleragentur.

Monica Bellucci, die vom einfachen Leben träumt, würde ihrem Agenten Gabriel Sarda (Grégory Mortel) ja gerne einen Tee kochen – aber weil das sonst das treue Personal macht, hat sie keine Ahnung, wie das funktioniert.

Monica Bellucci, die vom einfachen Leben träumt, würde ihrem Agenten Gabriel Sarda (Grégory Mortel) ja gerne einen Tee kochen – aber weil das sonst das treue Personal macht, hat sie keine Ahnung, wie das funktioniert.

Foto: Christophe BRACHET - MONVOISIN PRODUCTIONS / MOTHER PRODUCTIONS /FTV/Christophe Brachet

Zackig anglophon heißt die Serie bei uns: „Call my Agent!“. Im französischen Original nennt sie sich etwas eleganter „Dix pour cent“, was sich darauf bezieht, wovon die Hauptfiguren leben: von den zehn Prozent der Einnahmen ihrer Klienten, die sie als Agenten betreuen. Die Reihe erzählt von den Wirrungen und Irrungen, Krisen und aufgeblähten Egos in der Pariser Künstler-Agentur „ASK“.

Die Figuren sind dabei klar konturiert, aber weniger stereotyp, als es angesichts einer knappen Inhaltsangabe wirken mag: Da ist Mathias Barneville, der kultivierte Alpha-Agent, der gerne intrigiert, dabei zurzeit aber nicht ganz auf der Höhe ist: Seine Ehe kriselt, da seine Gattin erfahren hat, dass er vor nahezu 20 Jahren beim Filmfestival in Cannes eine uneheliche Tochter produziert hat, die mittlerweile in seiner Agentur arbeitet. Schutz vor der erzürnten Gattin findet Mathias vorübergehend bei seiner ihn schon lange anschmachtenden Assistentin Noémi.

Apropos Schmacht: Agentenkollege Gabriel, ein Mann teddybärigen Knuddelcharmes, himmelt die Empfangsdame/Nachwuchsschauspielerin Sophia an – doch die zarte Liaison endet böse, als Gabriel ein Filmprojekt mit ihr zu sabotieren versucht, weil ein Jüngling mit blondgelockter Schönlings-Optik Regie führt, beseelt von dem Willen, mit ihr den ultimativen Erotik-Kunstfilm zu drehen. Wer würde es da nicht mit der Angst bekommen? Möglicherweise Andréa Martel, die nahezu furchtlose Agentin bei ASK, durchsetzungsfähig, clever und lesbisch – wobei sie allerdings bei einem überraschenden Hetero-Fehltritt schwanger wird: Ausgerechnet vom neuen Chef der Agentur, einem Mann gut geölter, oft grausamer Manager-Rhetorik.

Das sind nun so viele Schicksalskurven, dass einem schwindelig werden könnte – allerdings hat die Serie, die beim Sony Channel läuft und auf DVD erscheint, dies alles im Laufe von zwei Staffeln erzählt – die dritte ist nun gerade auf DVD herausgekommen. Dass „Call my Agent!“ ein großes Vergnügen ist, witzig, oft aber auch etwas bittersüß und melancholisch, liegt vor allem am exzellenten Ensemble der bei uns nicht allzu bekannten Darsteller, die ihren Figuren viele Zwischentöne mitgeben. Ein besonderes Pfund sind die Auftritte von Stars, die hier Versionen ihrer selbst spielen, mal näher an der Realität, mal als Parodie und manchmal mit einem gewissen Mut: Christophe Lambert, einst der charmante Silberblick-„Highlander“, erscheint hier als gruseliger älterer Herr, der sich einer Bürodame andient, die vom Alter her seine Tochter sein könnte. Charmanter ist da der Auftritt von Fabrice Luchini, real ein hochrenommierter Feingeist-Mime, der in der Serie sein Lebenswerk erst dann als vollendet ansieht, wenn er mal bei James Bond den Bösen geben darf.

Juliette Binoche ist zugegen, die sich in Cannes den Avancen eines einflussreichen, liebestollen (sowie verheirateten) Kinofunktionärs erwehrt, während Monica Bellucci eine ziemlich witzige Variation ihrer selbst spielt: Die schon lange (ganze drei Wochen!) allein lebende Glamouröse träumt von einem schlichten Leben mit einem einfachen Mann aus dem Volke. Doch so ganz will ihr diese neue Sachlichkeit nicht gelingen, schließlich ist sie doch ihr Personal gewöhnt, ohne das sie weder Tee noch Kaffee zubereiten kann.

Überraschend ist, dass ausgerechnet der Auftritt von Jean Dujardin (Oscar für „The Artist“) nicht recht zündet – der Erzählstrang, in dem er aus einer Rolle als Waldschrat nicht mehr herausfindet und deshalb wochenlang im Garten (und in seinem zunehmend aromatischen Mantel) nächtigt, ist etwas dünn gewoben. Mehr Substanz hat da eine Episode mit Filmveteran Gérard Lanvin, der dem Kellner seines Lieblingsbistros aus Nettigkeit eine Rolle verschafft und fortan in der Angst vor dessen überraschendem Talent und Jugend lebt. Da hat die Serie durchaus ihre melancholischen Momente.

Generell gelungen ist, dass die Stars die Serie nicht aus dem Gleichgewicht bringen; sie bleiben dann doch Randfiguren, das Herz des Ganzen bleibt die Agentur, in der sogar ein Kind zur Welt kommt – sinnigerweise untermalt von George Delerues Musik aus „Die amerikanische Nacht“ – eine schöne Hommage an François Truffauts Film von 1973, der sich ja auch mit der Welt des Kinos und seiner Künstler beschäftigt.

 Agent  Mathias Barneville (Thibault de Montalembert) plagen mehr als einmal Kopfschmerzen.

Agent Mathias Barneville (Thibault de Montalembert) plagen mehr als einmal Kopfschmerzen.

Foto: Christophe BRACHET - MONVOISIN PRODUCTIONS / MOTHER PRODUCTIONS /FTV/Christophe Brachet
 Isabelle Huppert treibt ihren Agenten zur Verzweiflung.

Isabelle Huppert treibt ihren Agenten zur Verzweiflung.

Foto: Christophe BRACHET - MONVOISIN PRODUCTIONS / MOTHER PRODUCTIONS /FTV/Christophe Brachet

„Call my Agent“ läuft beim Sony Channel und ist auf DVD bei Edel Motion erschienen: drei Staffeln mit jeweils sechs einstündigen Episoden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort