Galeristin Ingeborg Besch Ein Neuanfang als Auftakt nach Maß

Illingen · In Illingens Alter Lateinschule, einem reizenden kleinen Barockhaus, eröffnet die Galeristin Ingeborg Besch an diesem Wochenende ihre neuen Galerieräume. Zum Auftakt zeigt sie Arbeiten des langjährigen Künstlerpaars Ute Gortner und Thomas Meier-Castel. Ein Besuch und Gespräch vorab.

 Ingeborg Besch in ihrer neuen Galerie vor zwei noch nie ausgestellten Gemälden Thomas Meier-Castels.

Ingeborg Besch in ihrer neuen Galerie vor zwei noch nie ausgestellten Gemälden Thomas Meier-Castels.

Foto: Engel

Sind wir hier richtig? Ja, sind wir. Auch wenn draußen (noch) kein Galerienschild hängt, dafür thront eine Madonna in der kleinen Nische über der Haustür. Weil das hier ein altes Pfarrhaus war, Mitte des 18. Jahrhunderts erbaut. Vor vier Jahren hat die Galeristin Ingeborg Besch, die von 2008 bis 2014 in Saarbrücken in den Räumen der früheren Galerie Hanstein ihre eigene betrieb, dieses gedrungene, kleine dreigeschossige Barockhaus gekauft und es nach und nach zu ihrer neuen Galerie umgebaut. Ganz oben wohnt sie nun, während einen im Erd- und im ersten Geschoss, über eine Wendeltreppe miteinander verbunden, insgesamt vier wohnlich eingerichtete Galerieräume empfangen. Hier ein altes Ledersofa, da ein geräumiger Esszimmertisch, dort ein Klavier, Stehlampen. Und an den weiß verputzten Wänden natürlich viel Kunst.

Eigentlich wollte Ingeborg Besch schon vor drei Jahren eröffnen. Dann zog sich nicht nur die Haussanierung hin – angefangen vom teilweisen Wiederfreilegen der Holzböden und der Wände bis auf den Putz, was dem Haus nun auf wohltuende Weise seine Patina zurückgegeben hat. Dazu nahmen sie diverse kunsthistorische Projekte in Beschlag (erst eine von ihr kuratierte große Walter-Bernstein-Ausstellung im Zechenhaus Reden, später die Inventarisierung von Bernsteins Nachlass), ehe sie dann eine Erkrankung zu einer längeren Auszeit zwang. Als sie hernach in Illingen (seinerzeit in der Hauptstraße 38) in einem Leerstand zwischendurch eine Galerie aufmachte, wollte sie damit, sagt sie, „nochmal ein Lebenszeichen geben und zeigen, dass es mich als Galeristin noch gibt“.

Gut zwei Jahre später wagt Ingeborg Besch nun einen Neuanfang. Wie in früheren Jahren (erst von 2006 bis 2008 in ihrer ersten Galerie in St. Ingbert, danach bis 2014 in Saarbrücken) plant sie ihn auf drei Standbeinen: Weil sich von einer Galerie alleine schwerlich leben lässt, arbeitet die promovierte Kunsthistorikerin auch als Kunstreiseführerin und bietet überdies Tagesseminare an. Als Galerist verkaufe man manchmal monatelang nichts und dann auf einmal wieder glänzend. „Diese Amplituden muss man aushalten, psychisch wie finanziell.“ Weshalb sie es als sinnvoll erachtet, beruflich noch auf andere Pferde zu setzen und Ingeborg Besch ihre Galerie denn auch etwas anders aufzäumt: als Ort der Begegnung, der weniger auf feste Öffnungszeiten setzt. Lieber führt sie nach telefonischer Vereinbarung durch die Räume. Wobei „man gute Kunden auch mal noch zum Essen einlädt. Ein bisschen wie zur Zeit der Salonkultur im 19. Jahrhundert“, sagt sie und schenkt Kaffee nach.

 Dass Illingen zu weit draußen ist für eine Galerie, glaubt Besch nicht. Zumal Laufkundschaft für sie nicht relevant ist. „Um eine Spur im riesigen Kunst-Dschungel zu finden, binden sich manche gerne an einen Galeristen, weil sie auf dessen Expertise setzen“, beschreibt die 58-Jährige eine der Lehren ihrer Galeristinnenzeit. Dafür falle dann auch eine halbe Stunde Fahrt (oder mehr) nicht wirklich ins Gewicht. Nicht nur Kunstliebhaber wählen aus, auch Galeristen tun es: Weshalb Besch denn auch sagt, dass man im Galeriebetrieb „mehr Resonanz hat, wenn man gezielt auf Menschen zugeht, zu denen diese oder jene Kunst passt“. Eine große Netzwerkerin ist Besch deshalb zwar nicht geworden, aber doch eine mit festem Kundenstamm. Dass es, wie oft kolportiert, im Saarland kaum Kunstsammler gebe, sei ein Mythos, meint sie. „Da ist nichts dran, es gibt diese Leute.“

Gut möglich, dass sie gleich in Ingeborg Beschs erster Ausstellung in ihrem neuen Wohn- und Arbeitsdomizil fündig werden. Zu sehen sind knapp 30 Arbeiten von Thomas Meier-Castel und Ute Gortner, die bis zu Meier-Castels Tod 2008 nahezu 30 Jahre (zunächst in Bexbach, später im lothringischen Grimaucourt) zusammen gelebt und gearbeitet haben. Eine Entdeckung sind nicht zuletzt Meier-Castels in Illingen erstmals öffentlich gezeigte Malereien. 30 Jahre lagerten sie eingerollt im gemeinsamen Lothringer Atelier des Künstlerpaars. Gemalt hatte Meier-Castel seine rostbraunen Großformate von geradezu lederner Anmutung 1988 in Paris. Weil er dort während seines Stipendiums an der Cité Internationale des Arts weder wie gewohnt seine metergroßen Radierplatten mit Flex, Schleifmaschinen, Schlagbohrern und Plasmaschneidern bearbeiten noch die so entstandenen Radierungen dort drucken konnte, griff Meier-Castel ganz gegen seine sonstige Art zu Leinwand und Pinsel. Seine Pariser Malerei blieb denn auch ein Solitär in seinem zeitlebens ganz der Radierung gewidmeten Werk, das längst Eingang in bedeutende grafische Sammlungen (etwa Dresden oder München) gefunden hat.

Die markante Strichführung, die man aus Meier-Castels famoser Druckgrafik kennt (2018 feierte das Saarlandmuseum das gewaltige druckgrafische Werke des aus Blieskastel stammenden Künstlers in einer wunderbaren Ausstellung), prägt auch seine Malerei, deren an mechanische Apparturen erinnernde rostige, von scharfen Rillen durchzogene Körperlichkeit aus der weißen Leinwand wie herausgeschnitten wirkt. Daneben zeigt Ingeborg Besch auch ein Dutzend Radierungen Meier-Castels, in denen er in einer teils zupackenden, dann wieder ungemein filigranen Schraffur Hoch- und Tiefdruck kombinierte und dabei auf bezwingende Weise aus der Tiefe aufleuchtende Lichtareale schuf.

In der Ausstellung korrespondieren rund 15 überwiegend erlesene, zarte Kreidezeichnungen und Acrylgemälde Ute Gortners mit den Arbeiten Thomas Meier-Castels. Sie zeigen einen ganz anderen Duktus: Mal erinnern Gortners grauwertige feine Kreidestrukturen an herangezoomte Wasserspiegelungen, mal wirken sie wie züngelnde, florale Abstraktionen. Ihre in gebrochenen Pastelltönen gehaltene, sparsam-grazile Malerei wiederum erinnert von Ferne an planetarische Bodenerkundungen. Unterm Strich ergibt das einen Illinger Auftakt nach Maß. „Ein Bild zu kaufen ist ein Liebesakt“, sagt Ingeborg Besch. In das ein oder andere Bild ihrer Eröffungsschau kann man sich jedenfalls durchaus vergucken.

 Zeichnung und Stahlblech-Skulptur von Ute Gortner.

Zeichnung und Stahlblech-Skulptur von Ute Gortner.

Foto: Ingeborg Besch

Galerie-Eröffnung an diesem Samstag um 11 Uhr mit einer Führung durch Ute Gortner und Ingeborg Besch. 12 Uhr: Klaviermatinee mit Thomas Metz, 15.30 Uhr: Klassische Tangos mit Gustavo Lepre (Gesang) und Götz Hach (Klavier).
Sonntag (31.März), 11 Uhr: Eröffnungsreden; 12 Uhr: Untertone Project mit Christof Thewes (Posaune) und Martin Schmidt (Mandoline); 14 Uhr: Ausstellungsführung; 15 Uhr: Madrigalchor Illingen unter Leitung von Thomas Doll (Klavier: Peter Doll).
Ausstellung „Thomas Meier-Castel und Ute Gortner“ bis 1. Juni (samstags von 11-17 Uhr sowie donnerstags von 16-19 Uhr), außerdem nach Vereinbarung unter Tel: 01 72/ 72 69 866 sowie unter galerie@alte-lateinschule.com

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