Sanierungsfall Saarbrücker Musikhochschule Die HfM und die Quadratur des Kreises

Saarbrücken · Die seit Jahren unter Raumnot leidende Saarbrücker Musikhochschule muss saniert werden – wieso ist keine Lösung für ihre Probleme in Sicht?

  Luftaufnahme der Musikhochschule (von 2005): Rechts ist das Hauptgebäude zu sehen, links davon der Hanus-Bau: Erweiterungsbau aus den 80ern. Beide Gebäudekomplexe haben Sanierungsbedarf. Gibt ihre Bausubstanz das her?

Luftaufnahme der Musikhochschule (von 2005): Rechts ist das Hauptgebäude zu sehen, links davon der Hanus-Bau: Erweiterungsbau aus den 80ern. Beide Gebäudekomplexe haben Sanierungsbedarf. Gibt ihre Bausubstanz das her?

Foto: BECKER&BREDEL/bub

Der Ort, an dem das Rektorat der Saarbrücker Musikhochschule (HfM) seit mittlerweile zwei Jahren untergebracht ist, symbolisiert seither auf eher trostlose Weise deren räumliche Misere. Weil die HfM chronisch aus allen Nähten platzt, mussten über die Jahre bereits einige Abteilungen ausgelagert werden: Chor, Dirigieren, Blechbläser und Opernklasse in die Alte Kirche vis à vis des Staatstheaters; Unterrichtsräume in die ehemalige Schillerschule und Ex-Landesgalerie neben dem Saarländischen Künstlerhaus. Und eben auch die Hochschulleitung in einen Zweckbau auf der anderen Straßenseite der HfM. Lauter Interimslösungen. Um die akute Raumnot zu lindern, suchen Politik und Verwaltung seit Jahr und Tag weiter nach Ausweichquartieren im räumlichen Umfeld der Hochschule. Bislang vergeblich.

Inzwischen aber hat sich das Problem offenkundig noch gewaltig zugespitzt: Diese Woche platzte ein Heizungsrohr im Hauptgebäude der HfM. Zunächst hieß es, Teile des Lehrbetriebs müssten womöglich drei Wochen lang ausfallen, weil Teile der Hochschule nicht mehr beheizbar seien. Das hat sich zwar nicht bewahrheitet. Dennoch stellt sich nicht nur für Rektor Mayer nun die Frage, wie es um die Bausubstanz der HfM bestellt ist. Mayer mahnt daher eine Begutachtung an, um zu klären, ob die seit Jahren aufgeschobene Sanierung und Nachrüstung der Hochschule überhaupt sinnvoll ist. Weil deren Bausubstanz womöglich marode ist. Klar ist, dass das HfM-Hauptgebäude eine Brandmeldeanlage braucht. Bislang gibt es keine. Laut Mayer hätte dies zur Folge, dass die HfM bis zu drei Jahre lang durch Umbau- und Sanierungsmaßnahmen lahmgelegt und ein Komplett-Auszug nötig wäre. Zumal klar ist, dass auch der Hanus-Bau ein Sanierungsfall ist. Den Hochschulbetrieb unter Baustellenbedingungen weiterlaufen zu lassen, hält Mayer für ausgeschlossen.

Er drängt auf eine möglichst schnelle, umfassende Lösung und fürchtet, dass die immer weitere Kreise ziehende Um- und Auszugs-Diskussionen für die mit 22 anderen deutschen Musikhochschulen konkurrierende HfM imageschädigend sein könnte. „In Zeiten von Social Media geht so was unter Studenten schnell“, meint Mayer. Sollte der HfM-Lehrbetrieb – gut 80 Lehrbeauftragte, davon 37 Professoren, unterrichten derzeit 450 Studenten – über Jahre quer über die Landeshauptstadt zerfleddert werden, werde dies Studierende abschrecken, glaubt er.

 Eine Musikhochschule ist kein Amt, das sich mir nichts,  dir nichts von A nach B verpflanzen lässt. Dazu muss man sich nur vor Augen führen, was es für die HfM bedeutete, Ersatz zu finden für ihr Herzstück – ihren Konzertsaal. Losgelöst von diesem Grundproblem  sind augenblicklich nur drei Szenarien denkbar: 1) Ad hoc Abhilfe schaffen würde ein Ausweichquartier, in dem die HfM für die Dauer der unvermeidlichen Sanierung möglichst komplett unter einem Dach unterkäme. Darauf zu setzen, erscheint indes wenig aussichtsreich: Wenn man schon seit Jahren nicht fündig geworden ist, wie soll man’s dann jetzt werden? 2) Bliebe eine von Mayer für den Nimbus der HfM als eher schädlich erachtete Patchwork-Lösung, bei der die Hochschule auf mehrere Standorte verteilt würde. Schlimmstenfalls müsste ein Teil des Lehrbetriebs außerhalb der üblichen Semesterzeiten laufen, skizziert Mayer die intern gleichwohl schon mal durchgespielten Folgen einer solchen räumlichen Zersplitterung. 3) Dass die HfM stattdessen, wie dies zwischenzeitlich als Gedankenspielerei bereits eruiert wurde, in einer ganzen Batterie spezieller Bau-Container irgendwo in der City Unterschlupf finden könnte, hält der Rektor für eine abwegige Idee. Die besonderen schall- und klangtechnischen Erfordernisse einer Musikhochschule würden eine solche Container-Lösung finanziell auch zu teuer kommen lassen. Ganz abgesehen davon, dass ein solches Container-Modell politisch kaum durchsetzbar wäre. Erst Millionen in aufwändige Spezial-Behelfskuben investieren, die danach ihren Zweck erfüllt haben? Wem wollte man sie später verkaufen?

Im Übrigen hätten alle drei Szenarien einen entscheidenden Haken: An der Raumnot der Saarbrücker Musikhochschule würde sich partout nichts ändern. Denn mehr Platz hätte diese nach ihrem Rückumzug in eine ertüchtigte HfM immer noch nicht. Seit zehn Jahren ist klar, dass am jetzigen Standort ein zusätzlicher Raumbedarf von 1000 Quadratmetern besteht. Weshalb es womöglich ratsamer wäre – Schuldenbremse hin oder her – in andere Richtungen zu denken: Konstruktiver wäre entweder die Erweiterung der HfM im Zuge ihrer unausweichlichen Sanierung oder aber eine tabula rasa-Lösung: ein kompletter Neubau.

HfM-Rektor Wolfgang Mayer sieht denn auch die Zeit gekommen, die Zukunft der Hochschule umfassender zu diskutieren: Eigentlich hatte er für Ende Januar einen Diskussionsabend in der HfM geplant, um die Lehrbeauftragten und Studierenden wie auch die interessierte Öffentlichkeit über die möglichen Szenarien und deren jeweiligen Folgen (und Pferdefüße) zu informieren. Inzwischen hat Mayer davon wieder Abstand genommen: Solange keinerlei Lösungen in Sicht seien, mache dies wenig Sinn. Es bliebe bei einem argumentativen Stochern in dichtem Saarbrücker Nebel.

Fakt ist, dass die Nöte der für die musikkulturelle Landschaft des Saarlandes ungemein wertvollen HfM nicht abreißen wollen: Erst hing zwei Jahre lang im Zuge der angezogenen Schuldenbremse des Landes das Damoklesschwert eines finanziellen Aderlasses über der Hochschule. Stand doch bis im Vorjahr im Raum, dass mehrere Professorenstellen weggefallen könnten, um die Sparauflagen des Landes zu erfüllen. Das zumindest ist vom Tisch: Ausweichlich des neuen Doppelhaushalts der CDU/SPD-Koalition wird die HfM künftig deutlich besser alimentiert (im nächsten Jahr wird ihr Etat um 400 000 Euro aufgestockt auf dann 6,26 Millionen).

Dafür rückt, kaum dass an der Finanzfront wieder Entwarnung herrscht, nun umso massiver erneut die notorische Raumnot in den Fokus. Wolfgang Mayer ist nicht eben zu beneiden, er bleibt aber zuversichtlich. Und setzt darauf, dass die Politik erkennt, welchen Stellenwert die HfM im Land hat und handelt. Gilt doch, was er bereits vor knapp zwei Jahren gepredigt hat, auch heute noch: „Es sind unsere Absolventen, die in Schulen Musik lehren, die Musikvereine leiten und an Musikschulen unterrichten.“

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