Die Kunst zeigt Flagge

Saarbrücken · Alljährlich zeigt der künstlerische Nachwuchs der HBK beim „Rundgang“ seine Arbeiten. Nicht nur auf dem Saarbrücker Campus wird ausgestellt, sondern auch in der Handwerkergasse in Völklingen und in leer stehenden Räumen, die den jungen Künstlern ein spannendes Ambiente bieten.

 Alte Staaten, neue Symbolik: 195 Flaggen der Kommunikationsdesigner-Klasse der HBK erzählen Hintergründiges. Foto: Oliver Dietze

Alte Staaten, neue Symbolik: 195 Flaggen der Kommunikationsdesigner-Klasse der HBK erzählen Hintergründiges. Foto: Oliver Dietze

Foto: Oliver Dietze

Das Foyer der HBKSaar gleicht einem Meer aus Flaggen. 195 Staaten gibt es auf der Welt. Deren Fahnen haben 19 angehende Kommunikationsdesigner grafisch umgestaltet. Entstanden sind neue Fahnen, bei denen die ursprüngliche Symbolik - auch gerne ironisch - auf den Kopf gestellt wird. Ein grünes Recycling-Zeichen auf weißem Grund steht zum Beispiel für Singapur. Die neue Flagge nimmt unter anderem Bezug auf den Sauberkeitswahn des Stadtstaates. Wer nicht selbst drauf kommt, erhält diese Information im begleitenden Kurztext, in dem die Studenten ihre ausgiebigen Recherchen knapp zusammenfassen. Auf der afghanischen Flagge sieht man ein Trümmerfeld, die syrische ist auf den ersten Blick ganz weiß. Erst beim genauen Hinschauen zeichnet sich ein weißer Vogel auf weißem Grund ab: Es ist einen Vogelart, die als ausgestorben galt und nun wieder in Syrien aufgetaucht ist - während die Syrer zu Hunderttausenden ihr desolates Land verlassen. Nicht alle Flaggen sind so gut gelungen, aber vielen gelingt es, einen politischen, sozialkritischen Bezug herzustellen. "Wir haben dabei versucht, Klischees zu vermeiden", erklärt Anne Koch, Studentin des Kommunikationsdesigns.

Die Kommunikationsdesigner um die Professoren Ivica Maksimovic und Indra Kupferschmid (Typografie) haben sich in diesem Jahr zudem mit der Wandlung der Werbung, beginnend mit dem Bauhaus, auseinander gesetzt. Pfiffige Pixi-Bücher, durch die es sich zu blättern lohnt, sind in der Kupferschmid-Klasse entstanden.

Interdisziplinäres Arbeiten ist an der HBK seit ihrer Gründung Programm. Wie das funktioniert, zeigen die Studierenden von Media Art and Design. Dort arbeiten Gestalter, Medieninformatiker, aber auch Musiker der Saar-Musikhochschule bereits zum zweiten Mal an den "Rotationen": multimediale, animierte Großprojektionen am Saarbrücker Schloss, die im Juni nochmals stattfinden sollen. 12 000 Menschen sahen die erste Show im vergangenen Jahr. Die Studentin Nadja Morenko beispielsweise zeigt an der Fassade der HBK den Prototyp ihrer interaktiven "Bubbles"-Installation, bei der Zuschauer per App Fotos von sich hochladen können, die als Blasen in einer Art Meeres-Fantasiewelt projiziert werden.

Über Fachgrenzen hinweg arbeiten auch die Designer im Digitalen Produktionszentrum. Unter anderem wird die "Schule der Dinge" vorgestellt. Gemeinsam mit Kunsterziehern und Informatikern haben Produktdesigner das interaktive Kartenspiel "Virus Games" entwickelt, das Biologie mit Informationstechnologie verknüpft und Schulkindern das Thema "Viren" mit Hilfe digitaler Medien zu durchdringen hilft.

Wer die "Sendung mit der Maus" mag, sollte im Atelier von Professor Mark Braun vorbeischauen. Seine Studenten haben zum Thema "mono" gearbeitet und Gegenstände gesammelt, die aus nur einem Material in nur einem Herstellungsverfahren produziert werden, zum Beispiel Eierkartons oder Latex-Handschuhe. Die Herstellungsanweisungen kann man runterladen.

Um Methoden der Wandlung geht es unter dem Motto "Transform!" in Gabriele Langendorfs Malerei-Klasse. Beeindruckend: Valerian Polienkos Rauminstallation: Er hat einen Flur komplett mit einem grafischen Schwarz-weiß-Muster gestaltet, wobei er weiße Farbe mit Hilfe eines Aufsatzes auf einer Bohrmaschine an die Wände geschleudert hat. Der Raum entwickelt Sogkraft.

Wie schon in den vergangenen Jahren geht es in den ,,Off-Locations" noch experimenteller als auf dem Campus zu. Im Hellwig-Haus in der Mainzerstraße, einem zur Zeit leer stehenden viergeschossigen Gebäude aus der Gründerzeit, werden Performances zu sehen sein, aber auch einige Skulpturen. Allein das Haus ist schon einen Besuch wert. Und in einem ehemaligen Copy-Shop in der Uhlandstraße haben sich Klang-, Foto- und Videokünstler verwirklicht.

Infos/Programm/Katalog unter: www.hbksaar.de

Zum Thema:

Auf einen BlickDer HBK-Campus (Keplerstr. 5) ist diesen Sa und So von 10 bis 19 Uhr geöffnet, am Mo von 9 bis 15 Uhr. Die Handwerkergasse in Völklingen öffnet Sa von 14 bis 19 Uhr, So von 10 bis 19 Uhr und Mo von 9 bis 15 Uhr. Die Schau in der Uhlandstraße 24 kann man diesen Samstag von 16 bis 19 Uhr, So von 10 bis 19 Uhr und Mo von 9 bis 15 Uhr sehen. Das Hellwig-Haus der Künste (Mainzerstr. 119) öffnet Sa von 16 bis 21 Uhr, So von 10 bis 19 Uhr und Mo von 9 bis 15 Uhr. Am Freitag wurde zum fünften Mal der Peter und Luise Hager-Preis verliehen. Aus 45 Einreichungen wählte die Jury zehn Positionen von Studierenden aus, die zum Thema "Netz" bis 27. Februar in der HBK-Galerie gezeigt werden. Erster Preis: Maria Seitz; zweiter Preis: Valerian Polienko, dritter Preis: Martin Fell (Bericht folgt). Studien-Informationstag am Montag (8.30 bis 15 Uhr). esb

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