Gemälde aus dem 13. Jahrhundert Die Kunst-Sensation aus der Küche der alten Madame

Paris · Beim Ausräumen eines Hauses in der Nähe von Paris ist ein Werk des florentinischen Meisters Cimabue aus dem 13. Jahrhundert gefunden worden.

 So groß wie ein Blatt Papier und 300 000 Euro wert: Das Gemälde „Der verspottete Christus“ aus dem 13. Jahrhundert.

So groß wie ein Blatt Papier und 300 000 Euro wert: Das Gemälde „Der verspottete Christus“ aus dem 13. Jahrhundert.

Foto: AP/Michel Euler

Alles Wertlose sollte auf den Müll. Aus Altersgründen hatte sich eine Dame entschlossen, ihr Haus in Compiègne nördlich von Paris zu verkaufen. Eine Firma wurde beauftragt, den Haushalt aufzulösen. Für Philomène Wolf schien es ein Job wie viele zuvor. Doch wie von einer Ahnung getrieben streifte die Auktionatorin noch einmal durch die verwaisten Räume. In einem Durchgang zwischen der offenen Küche und dem Wohnzimmer fiel ihr Blick auf ein Bild in Din-A-4-Größe, das unscheinbar über der Bar hing. Die Qualität des goldenen Hintergrundes auf dem Holztableau erstaunte die junge Frau. „Ich dachte, das könnte womöglich das Werk eines primitiven Malers aus Italien sein“, beschreibt sie ihre ersten Gedanken, „Aber ich habe nicht geglaubt, dass das aus der Hand von Cimabue stammt.“

Ihrer Intuition folgend, brachte Philomène Wolf das Werk zu Eric Turquin, einem renommierte Kunstgutachter in Paris. Hätte sie mit ihrer ersten Vermutung richtiggelegen, wäre die Holztafel rund 300 000 Euro wert gewesen. Doch nach dem Urteil des Fachmannes wurde ihr klar, dass sie eine kunsthistorische Sensation in den Händen hielt. Es handelt sich bei ihrem Fund um das Bild „Der verspottete Christus“ des florentinischen Meister Cimabue aus dem 13. Jahrhundert. Schätzwert: zwischen vier und sechs Millionen Euro. Zwei weitere Szenen aus derselben Cimabue-Serie zur Passion und Kreuzigung Christi sind in der Londoner National Gallery und in der New Yorker Frick Collection zu sehen.

Das Bild ist auf Pappelholz mit goldfarbenem Hintergrund gemalt. Bei Infrarotlicht-Untersuchungen sei die Urheberschaft auch dank dieses Holzes zweifelsfrei festgestellt worden, sagte der Kunstexperte Turquin. „Sie können den von den Würmern gebauten Tunneln folgen“, erklärte er. Spuren von holzfressenden Larven in der Tafel ähnelten denen, die in anderen Teilen der Cimabue-Serie zu finden sind. „Es ist die gleiche Pappelplatte“, so der Experte.

Niemand in der Familie der Seniorin kann sich erinnern, woher das einzigartige Werk stammt oder wer es gekauft hat. Über Jahre sind alle achtlos an dem Millionenvermögen vorbeigegangen und hielten es für eine einfache russische Ikone. „Die 90-jährige Besitzerin ist sehr glücklich“, sagt Philomène Wolf, „ihre Verwandten können das ganze noch immer nicht fassen.“ Sie selbst fasst ihren eigenen Gemütszustand in einem kurzen Satz zusammen: „Das ist ein magischer Moment.“ Das Haus der alten Dame in Compiègne ist inzwischen ausgeräumt. Rund einhundert Objekte wurden für ungefähr 6000 Euro verkauft. Die meisten Möbel aber landeten auf dem Müll.

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