Bund-Länder-Eckpapier zur Kultur Gut ist nicht immer ausreichend

Berlin · Deutscher Kulturrat stimmt Bund-Länder-Papier zu Kolonialerbe zu, erinnert aber an fehlende Rolle der Kirchen.

(epd) Der Deutsche Kulturrat hat das Bund-Länder-Papier zum Umgang mit kolonialem Erbe begrüßt, hält es aber noch nicht für ausreichend. Wichtig sei die Klarstellung, dass koloniales Unrecht nicht vergessen werden dürfe, erklärte der Spitzenverband der Bundeskulturverbände gestern in Berlin. Auch die im Papier getroffene Unterscheidung zur Aufarbeitung von NS-Raubkunst und die Entscheidung, menschlichen Überresten Vorrang einzuräumen, seien positiv zu bewerten.

In dem am Mittwoch in Berlin verabschiedeten Eckpunktepapier der Kulturminister heißt es, Kulturgüter aus kolonialem Kontext sollten an die Herkunftsländer zurückgegeben werden. Vorrang bei der Aufarbeitung des Sammlungsgutes solle den menschlichen Überresten aus kolonialen Kontexten zukommen. Besonders relevant seien Kulturgüter, die im Rahmen formaler Kolonialherrschaften des Deutschen Reiches nach Deutschland verbracht wurden. Museen sollen „proaktiv“ Sammlungsgut identifizieren, für das eine Rückführung infrage kommt.

Der Kulturrat bemängelte in seiner Stellungnahme, dass die Kirchen ausgeklammert würden und kein Ombudsmann oder Ethikrat vorgesehen sei, der in Zweifelsfällen angerufen werden könne. Die Kirchen, die durch ihre Missionstätigkeit in die Kolonialgeschichte verstrickt sind, müssten miteinbezogen werden, sagte Kulturrats-Geschäftsführer Olaf Zimmermann. Außerdem seien neben den ethnologischen Museen auch Naturkundemuseen und Bibliotheken betroffen und sollten ebenfalls angesprochen werden.

Das Papier stelle einen guten Auftakt für die erst wenige Monate alte Kultur-Ministerkonferenz dar, sagte Zimmermann. Es sei gut, wenn Bund, Länder und Kommunen bei wichtigen kulturpolitischen Fragen an einem Strang zögen. Allerdings könnten Fragen des Umgangs mit kolonialen Gütern nicht getrennt vom Einsatz für einen gerechten Welthandel behandelt werden. Die Verantwortung für die Folgen des Kolonialismus gehe über die enge Frage der Rückführung von Kulturgütern hinaus, so Zimmermann. Es gelte vielmehr Handelsbarrieren abzubauen und ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und Afrika anzugehen. Dies gehöre zum Umgang mit dem kolonialen Erbe dazu.

Als eine der ersten bedeutenden Restitutionen hatte Baden-Württemberg kürzlich die „Witbooi-Bibel“ Ende Februar an Namibia zurückgegeben (wir berichteten). Namibia war unter dem Namen Deutsch-Südwestafrika bis 1915 deutsche Kolonie.

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