Disneys Film „Mulan“ startet in den USA direkt bei Disney+ Versuchsballon oder ein Sargnagel für die Kinos?

Saarbrücken · Der Disney-Konzern zeigt in den USA seinen 200-Millionen-Dollar-Film „Mulan“ nur online. Der deutsche Kinostart steht noch.

  Yifei Liu in „Mulan“ von Niki Caro. Der Film erzählt die Abenteuer einer jungen Chinesin, die als Mann getarnt in der chinesischen Armee kämpft. Disney hat die Geschichte schon einmal verfilmt, 1998 als Animation.

Yifei Liu in „Mulan“ von Niki Caro. Der Film erzählt die Abenteuer einer jungen Chinesin, die als Mann getarnt in der chinesischen Armee kämpft. Disney hat die Geschichte schon einmal verfilmt, 1998 als Animation.

Foto: Walt Disney Studios

Die Kinos haben es zurzeit schwer genug: durch begrenzten Platz für Besucherinnen und Besucher wegen der Coronamaßnahmen und wegen mehrfach verschobener, publikumsträchtiger Filme – ob Christopher Nolans „Tenet“, der nun am 26. August starten soll, oder dem jüngsten Bond, „Keine Zeit zu sterben“, dessen aktueller Starttermin der 12.  November ist. Die jüngste Entscheidung des Disney-Konzerns ist nun eine weitere schlechte Nachricht für Kinos, mit möglicherweise weitreichenden Folgen: Der 200 Millionen Dollar teure Film „Mulan“, dessen Kinostart wegen Corona bereits  mehrfach verschoben wurde, soll in den USA nun statt auf der Leinwand ab dem 4. September beim Streaming-Dienst Disney+ laufen (weltweit 60 Millionen Abos). „Mulan“ wird aber nicht Teil des Abonnements sein, sondern kostet die Abonnenten zusätzliche 29.99 Dollar. Disneys Strategie ließ die Aktien der großen US-Kinoketten AMC, Cinemark und IMAX an der Börsen sofort abrutschen.

In den USA sind wegen der Corona-Krise noch viele Kinos geschlossen. In anderen Märkten, wo Lichtspielhäuser bereits wieder geöffnet sind, könnte der Film im Kino laufen, hieß es seitens Disney. In Deutschland gilt für den „Mulan“-Kinostarttermin nach wie vor der 20. August. Wird es dabei bleiben? Denn  in England etwa, wo die Kinos ebenfalls wieder geöffnet sind, zeigt Disney den Film nicht im Kino. Laut Branchenmagazin „Hollywood Reporter“, das von „Disneys Schock-Entscheidung“ spricht, haben die Kinobetreiber dort mit Entsetzen reagiert, Disneys Strategie sei „verstörend“, heißt es in einem Schreiben des Verbands „UK Cinema Association“. Britische Kinobetreiber kritisieren auch, dass Disney nicht einmal versuchsweise den Film gleichzeitig auf dem eigenen Kanal und in den Kinos zeige.

 Regisseur Cary Fukunaga (l.) und Darsteller Daniel Craig - ihr James-Bond-Film „Keine Zeit zu sterben“ soll am 12. November in die deutschen Kinos kommen. Nicht jeder glaubt, dass dieser Termin bleibt.

Regisseur Cary Fukunaga (l.) und Darsteller Daniel Craig - ihr James-Bond-Film „Keine Zeit zu sterben“ soll am 12. November in die deutschen Kinos kommen. Nicht jeder glaubt, dass dieser Termin bleibt.

Foto: dpa/Leo Hudson

Ist diese Veröffentlichung von „Mulan“ auch ein Test, wie lukrativ Streaming-Premieren abseits der aktuell angeschlagenen Filmtheater sein können – also ein potenzieller Sargnagel für Filmtheater und die klassische Auswertung mit einer zeitlichen Barriere zwischen Kino und Heimkino? Laut Branchenmagazin „Variety“ spricht der Disney-Vorstandsvorsitzende Bob Capek davon, dass der Fall „Mulan“ kein Indiz sei für eine neue Geschäftsstrategie, sondern ein einmaliger Versuch. Was aber geschieht, wenn dieser Versuch besonders lukrativ ist, zumal Disney seine Streaming-Einnahmen ja nicht teilen muss, seine Kino-Einnahmen aber mit den Filmtheatern?

„Mulan“ ist nicht die einzige jüngere gewichtige Entscheidung in der Rivalität zwischen Kino und Streaming: Vor einigen Tagen hatten sich die weltgrößte US-Kinokette AMC und das Studio Universal nach erbittertem Streit geeinigt: Schon nach drei Wochenenden wird Universal neue Filme auch online anbieten können; zuvor hatte der Branchenriese AMC, zu dem in Deutschland die UCI-Kinos gehören, mit Boykott gedroht – und dann nachgegeben. „Mulan“ wird den Konflikt zwischen Streaming und Kino weiter zuspitzen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort