Der Wille und die Würde: Die Doku „Mister Universum“

Saarbrücken · Warum die exzellente Dokumentation „Mister Universum“ nicht im Wettbewerb läuft, wissen die Götter (und die Mitglieder des Auswahlbeirats). Ein Gespräch mit Regisseur Stefan Höh, der den sozialen Abstieg seines Vaters begleitet hat, des saarländischen Bodybuilders Werner Höh.

"Wir erzählen keine Geschichte", sagt Stefan Höh, "sondern von einem System - dem System Werner". Werner ist Werner Höh, war vor zehn Jahren "Mister Universum", ist heute 59, lebt von Hartz IV - und ist Stefan Höhs Vater. Der Sohn hat den sozialen Abstieg des Vaters filmisch begleitet und daraus, zusammen mit seiner Kollegin und Ehefrau Berta Valin Escofet, "Mister Universum" gemacht: einen berührenden, tragikomischen Familienfilm und das Porträt eines Mannes, der sich zwingt, nach vorne zu schauen, zu kämpfen und fast niemanden hinter seine Maske blicken zu lassen - das "System Werner".

Das wahre Leben hat den Regisseuren dabei eine perfekte Dramaturgie kredenzt: Höh ist bankrott, und als letzter Nackenschlag wird das Haus in Waldmohr, in dem er seit über 50 Jahren mit seiner Mutter wohnt, zwangsversteigert. Zugleich will Höh wieder Bodybuilding-Titel gewinnen - er trainert, plagt sich, muss gleichzeitig eine Bleibe für seine Mutter und seine Freundin suchen. "Es geht ihm darum, seine Würde zu behalten, seine Selbstachtung", sagt der Sohn, dem schon immer klar war, "dass mein Vater ein Typ für einen Film" ist. Er fängt familiäre Szenen ein, Gespräche am Küchentisch, stoisches Trainieren, ewiges Reiskochen für die Sportlerdiät, Telefonate mit der Bank und auch die wenigen Momente, in denen Höh seine eiserne Maske fallen lässt: Wenn er sich Videos alter Triumphe anschaut, steigen langsam Tränen in seine Augen, und nach einer verlorenen Meisterschaft spricht er erstmals - und danach nie wieder - von den quälenden Existenzsorgen.

Es sind berührende Momente, die der Film aber nicht sentimental oder mit einer Geste der Betroffenheit ausreizt. "Ich hatte einen Regie-, keinen Sohn-Blick", sagt der Regisseur, dem es nur nebenbei um Bodybuilding geht - obwohl er die Tristesse in Fitnessstudios und bei Wettkämpfen wunderbar einfängt. Ihm geht es darum, wie eine Familie mit dem Abstieg fertig wird - vor allem Werner Höhs Mutter, die sich mit über 80 an ein neues Leben gewöhnen muss. Eine unverstellte Offenheit zieht sich durch den Film, die Mundart verleiht ihm zusätzlich eine Heimeligkeit. Umso mehr freut sich Stefan Höh auf die Uraufführung in Saarbrücken: "Dort wird der Film auch ohne Untertitel verstanden."

Sa: 17.30 Uhr CS 1; So: 11.15 Uhr CS 4. Am Samstag wird die Familie Höh dabei sein.

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