Bregenzer Festspiele „Der See verdient das Geld“

Bregenz · Ein Gespräch mit der Intendantin der Bregenzer Festspiele über ihren Arbeitsplatz am Wasser und die neue „Carmen“-Inszenierung.

 Im Bodensee verankert ist dieser Bühnenbau von Es Devlin für die Oper „Carmen“.

Im Bodensee verankert ist dieser Bühnenbau von Es Devlin für die Oper „Carmen“.

Foto: dpa/Felix Kästle

Sie hat bereits an vielen Opernhäusern in Österreich und Deutschland gearbeitet. Nun ist Elisabeth Sobotka (51) in Bregenz und die erste weibliche Intendantin der Festspiele. Am 19. Juli 2017 startet sie mit ihrem Team in die 72. Saison. Auf dem Plan steht eine Neuinszenierung Georges Bizets Oper „Carmen“. In den letzten zwei Jahren hat die gebürtige Wienerin die Produktion auf der Seebühne vorbereitet. Nebenbei hat sie bei einem Buchprojekt mitgewirkt. Darin geht es, ganz klar, um Wasser. Zum Interview kommt Elisabeth Sobotka in dunkler Bluse und mit großen Ohrhängern. Kunstvolle Gebilde und echte Hingucker. Wie überhaupt die ganze Frau. Es ist eine Freude, die Intendantin der Bregenzer Festspiele zu beobachten, ihr zuzuhören.

Sind Sie von Natur aus eine Wasserliebhaberin?

Sobotka Ja. Mich fasziniert die Veränderlichkeit, die Lebendigkeit dieses Elements. Wasser ist nie gleich. Die Weite bringt die Gedanken zum Fliegen, ist mediativ und anregend zugleich. Ich sehe gerne das Meer an, bin aber lieber über als unter Wasser. Es ist vielmehr der Blick, den ich mag und weniger die Tiefe. In meinen bisherigen beruflichen Aufenthaltsorten, Wien, Salzburg, Leipzig, Berlin oder zuletzt Graz, war ich immer an einem Gewässer. Wegen der blauen Donau, die in meinen Adern fließt.

Hatten Sie auch Angst vor der neuen Aufgabe am und auf dem See?

Sobotka Absolut. Ich bin Profi, aber die Bregenzer Festspiele sind Neuland für mich. Die Arbeit ist herausfordernd und spannend gleichermaßen. Sie erweitert meinen Horizont. Meine Aufgabe hat mit Wetterfestigkeit, Wasser, Konstruktion und viel mit Bauen zu tun. Das Bühnenbild beispielsweise muss filigran und robust zugleich sein. In meinem Job geht es sowohl um Kunst als auch um Geld. Wenn die Aufführung ein Flop wird, habe ich Fehler gemacht.

Anfang der 1990er Jahre bescherte Bizets „Carmen“ der Seebühne Besucherrekorde. In dieser Saison steht eine Neuinszenierung des Stücks mit Erotik und spektakulärem Stierkampf an. Wird es wieder ein Erfolg werden, was glauben Sie?

Sobotka Bei „Carmen“ habe ich ein gutes Gefühl. So lebendig wie dieser Bühnenbau im Wasser ist: Zwei Hände, die ein Kartenspiel in die Luft werfen, um darzustellen, wie frei man ist in seinen Entscheidungen (sie zeigt auf ihrem Handy eine Aufnahme der Metallkonstruktion aus fliegenden Karten). Wir merken es an den Reaktionen der Öffentlichkeit, die den Aufbau mitverfolgt. Es ist ein Faszinosum und schon im Vorfeld wirksam. Wenn man in Italien ist und von einer Freundin ein Bild der eigenen Seebühne mit begeisterten Worten zugeschickt bekommt, dann ist es gelungen. Der Szenografin Es Devlin sei Dank. Ich wollte die britische Künstlerin von an Anfang für den Bau zu „Carmen“ (Anm.: In den Kulissen von Es Devlin traten bereits Popstars wie Adele, U2 oder „Take That“ auf).

Wir sind gespannt, was uns an Effekten erwartet. Der See wird ja stets mit einbezogen in Bühnenbild und Aufführung.

Sobotka Stimmt und das ist auch wichtig. Dieser See hat soviel Dramaturgie. In Giacomo Puccinis Oper „Turandot“, die wir 2015 und 2016 spielten, gab es beispielsweise riesige Wasserfontänen und eine Terrakotta-Armee, die aus dem Wasser kam. Da konnte man den Seespiegel gut sehen. Die Bühne und der Bodensee faszinieren mich. Darum habe ich gerne zugesagt, als die Autorin Florence Hervé mich fragte, ob sie mich für Ihr Buch „Wasserfrauen“ porträtieren kann.

In dem Buch, das kürzlich erschien, geht es um Frauen, für die Wasser Arbeitsplatz, Inspiration und Herausforderung ist. Was ist Ihre größte Herausforderung?

Sobotka Der Seespiegel. Er schwankt um zwei Meter. Alles, was wir machen, muss flexibel sein und innerhalb des Wasserspiegels liegen. Daher entwerfen wir kein Bühnenbild, sondern einen Bau.

Sie sagten einmal in einem Interview „Der See muss funktionieren, damit die Festspiele funktionieren“. Was meinten Sie damit?

Sobotka Der See verdient das Geld. Wir müssen in ihn investieren. Je besser der Kartenverkauf ist, desto besser geht es dem See. Der Vorverkauf für „Carmen“ ist der beste bisher.

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