Musical am Staatstheater Der Saarbrücker Ladymacher

Saarbrücken · Tobias Licht bewirkt sofort den Den-kennt-man-doch-aus-dem-Fernsehen-Effekt. In der Saarbrücker „My fair Lady“ ist er aber ganz Ensemble-Mann.

 Mein Gott, jetzt hat er’s: TV-Star Tobias Licht als Henry Higgins in der Saarbrücker „My fair lady“.  F

Mein Gott, jetzt hat er’s: TV-Star Tobias Licht als Henry Higgins in der Saarbrücker „My fair lady“. F

Foto: Saarländisches Staatstheater/Martin Kaufhold/Martin Kaufhold

Das muss Liebe sein. Morgens um halb fünf raus, in der Kälte zum Berliner Hauptbahnhof. Stunden im Zug. Mit viel Glück den Anschluss in Mannheim geschafft, um endlich nachmittags bei seinem Mädel in Saarbrücken zu sein: Tobias Licht nimmt wirklich was auf sich. Doch die Frau, für die er all das tut, ist ja auch was Besonderes: Eliza Doolittle, die sich vom Blumenmädel zur Dame emporbildet. Und derzeit im Saarbrücker Theater als „My fair lady“ das Publikum hinreißt und nebenbei auch die Intendanz jubeln lässt; laufen doch die Musical-Vorstellungen wie geschnitten Brot.

Tobias Licht ist als Sprach-Professor Henry Higgins quasi der Saarbrücker Ladymacher. Er bringt dem Londoner Gossenkind das noble Parlieren und Etikette bei; selbst lässt er aber jede Herzensbildung vermissen. Ein Typ zwischen Menschenfeind und emotional verkrüppeltem Wissenschaftler halt, der Elizas Metamorphose zur Dame von Gesellschaft als eine Art soziologisches Experiment betrachtet. Licht mag diese Rolle, eben, weil es so „ein schwieriger Charakter ist“. Aus so einem lassen sich Funken schlagen, meint der 40-Jährige. Außerdem kommt ihm, als Schauspieler, der Part entgegen. Als Tänzer und Sänger gibt es sicher Bessere, meint er selbstkritisch. Aber in dieser schauspielerisch herausfordernden Musical-Rolle hat er „seine Nische“ gefunden.

Der Higgins glückt ihm in Saarbrücken jedenfalls perfekt: Licht stolziert regelrecht mit Worten. Die Nase immer zu hoch – hoch über den Gefühlen der anderen. Dass ihn das Publikum hier dafür gemeinsam mit den beiden Elizas (Herdis Anna Jónasdóttor uind Valda Wilson) so feiert, genießt er merklich. Dabei ist er Erfolg gewohnt. Tobias Licht darf man getrost ein bekanntes Fernsehgesicht nennen: Mit der TV-Soap „Unter uns“ fing es 2000 für ihn an – vor der Kamera. Da hatte der gebürtige Kölner schon zwei Jahre als Requisiteur in der RTL-„Stadtklinik“ hinter sich. Längst aber zählen seine TV-Auftritte in Serien von „Alarm für Cobra 11“ bis zur „Kreuzfahrt ins Glück“, aber auch in großen Produktionen wie dem Remake des Antikriegsfilms „Die Brücke“ und der Verfilmung der Flugzeug­entführung „Mogadischu“ nach Dutzenden. Attraktiv ist der große, athletische Schwarzhaarige in diesen Rollen immer, wenn auch nicht unbedingt sympathisch. Manchmal dreht er seine Figuren auch mit viel Witz ins Ironische.

In der Neuverfilmung des Operetten-Klassikers „Im weißen Rössl“ 2013 glänzte er etwa auch hochkomisch als Dr. Siedler. Im Kreis von Kollegen wie Fritz Karl, Armin Rohde und Diana Amft. Eine wunderbar überdrehte Neuverfilmung war das und trotzdem letztlich Kinokassengift. Zu speziell wohl doch für großes Publikum. Und selbst einer, der auf dem Bildschirm etabliert ist, wie er, musste merken, dass so ein Flopp auch als Makel gelten kann, den man erst mal abschütteln muss: „Manche Produzenten haben einen dann gar nicht mehr zum Vorsprechen eingeladen.“

Licht fehlt es dennoch nicht an Angeboten. Sein Terminplan ist voll. Aber mit 40 dosiere er jetzt überlegter, wieviel er wovon macht. Natürlich nähren ihn Fernsehverpflichtungen, die Serienauftritte, sagt er, aber zwecks künstlerischer Balance gönnt er sich immer wieder die Bühne, auch Off-Produktionen. Obwohl er schon früh TV-Erfolg hatte, war es ihm denn wichtig, mit dem Schauspielstudium an der Bayrischen Theaterakademie quasi nachträglich das Fundament zu legen. So gesehen ein Frühstarter und Nachzügler zugleich. Etwas besonders gründlich machen zu wollen, es zu hinterfragen, zeichnet ihn sicher auch auf der Bühne aus. So dezidiert wie er die scheinbar leichtfüßig wirkende Musical-Unterhaltung überdenkt, plant und anlegt.

In „My fair lady“ ist er in Saarbrücken für den Higgins die einzige Besetzung. Also muss er regelmäßig aus der Nähe von Berlin, wo er mit seiner Familie lebt, nach Saarbrücken pendeln. Zum Glück sind die ewigen Bahnfahrten seit die Luxair Ensheim wieder an die Flugwelt anschloss, passé. Tobias Licht hätte aber auch den Bahn-Marathon fortgesetzt. Weil ihm die Rolle und die Auftritte das wert sind. „Ohne vorsprechen zu müssen“, bekam er die Rolle, sagt er: „Das bedeutet mir viel, hier am Staatstheater auftreten zu dürfen“: Und so wie er das sagt ist das ganz sicher kein Anbiedern ans saarländische Publikum.

Weitere Vorstellungen von „My fair lady“: 28. Januar, 3., 4., 8. Februar. Karten unter Tel. (06 81) 3 09 24 86.

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