Musical im Merziger Zeltpalast Der Retter der Kokosnuss – selten so gelacht im Zeltpalast

Merzig · Regisseur Andreas Gergen überdreht „Spamalot“ in Merzig zur großen Gag-Parade.

 Ach muss Liebe schön sein: Franziska Becker als Fee vom See und Uwe Kröger (Artus) im „Spamalot“-Schmachtduett in Merzig.

Ach muss Liebe schön sein: Franziska Becker als Fee vom See und Uwe Kröger (Artus) im „Spamalot“-Schmachtduett in Merzig.

Foto: Ruppenthal

16 Minuten nur bis zum rhythmischen Klatschen. Nicht schlecht! Szenenapplaus davor wie danach gab’s sowieso und reichlich. Keine Frage, „Spamalot“ hat gezündet im Merziger Zeltpalast. Bombig. Was einen ja auch wundern könnte. Bei einem Musical, das, wollte man den Titel übersetzen,  in etwa „viel Büchsenfleisch“ hieße. Und das im Kern die Reanimation eines Films aus den 70ern ist: „Die Ritter der Kokosnuss“ von der englischen Humor-Gang Monty Python. Damals anarchisch, subversiv und einfach großartig. Und darum zurecht seitdem mit dem Etikett „Kultstreifen“ behaftet. Entnebelt man sich aber mal seiner seligen Erinnerungen und schaut heute wieder rein, merkt man: Auch Komik rostet. Und wie!

Insofern hat Andreas Gergen, dank seines jungenfrischen Auftretens immer noch als emm Becker Heinz sei Stefan (Nummer zwei) mühelos wiedererkennbar, da ein Regiekunststück vollbracht. Wieder mal. Denn Tempo, Witz wie auch virtuoses Timing sind schon Markenzeichen seines Bühnentuns. Ob nun als Wiederholungstäter in Joachim Arnolds Merziger Zeltpalast – etwa mit der „Addams Family“ – oder im Staatstheater, dem er mit seiner unbekümmert hingewunderten „Zauberflöte“ einen Wiederaufnahme-Hit schenkte. Gergen, seit 2011 Operndirektor am Salzburger Landestheater, poliert eben gekonnt Unterhaltungsperlen.  Doch worum geht’s nun in „Spamalot“? Rudimentäre Kenntnisse der Artus-Epik schaden da nicht; müssen aber nicht zwingend sein. Um es knapp zu halten: Artus, legendärer König der Briten, sucht nach dem nicht minder legendären Heiligen Gral. Bloß, dass der Regent in der Spamalot-Variante ein Ritter von sagenhaft ärmlicher Gestalt ist. Nicht mal einen Gaul hat er zum Reiten, bloß seinen treudoofen Diener (grandios: Manuel Lopez), der Kokosnuss-klappernd hinter ihm her trabt. Auf dass wenigstens akustisch die Illusion des noblen Reiters bleibe.

Apropos Trab. Allein wie Uwe Kröger als Artus graziös diverse Gangarten seines eingebildeten Pferdes imitiert, reicht schon zum Schmankerl, kündet auch von seiner Extraklasse. Wo der Rest der Truppe meist den großen Komik-Pinsel schwingt, singt, tanzt, posiert er auch nuancenfein. Ein kecker Augenaufschlag, eine pointierte Geste – der Musical-Star („Elisabeth“) hat den Witz selbst im kleinen Finger.

Ansonsten gibt’s eher Klamauk en gros. Artus wird von einem mächtig sächselnden Gott auf die Suche nach dem heiligen Becher geschickt und verdingt peu à peu ein paar Rumtreiber als Tafelrundenritter. Die sind dann halt auch alle nicht so ganz fein. Sir Galahad (Armin Kahl) etwa kann seine Vergangenheit als dreckstarrender wie stramm basisdemokratischer Antimonarchist nie ganz verleugnen, auch wenn er noch so snobbish die Nase hebt. Und Sir Robin (Marc Seitz) hat vor lauter Tapferkeit meist die Hosen voll.

Alle aber werfen sich mit solcher Sangesinbrunst in diese Parodien, säuseln, schmalzen, trällern, dass es zum Vergnügen wird. Franziska Becker etwa pumpt umwerfend die „Fee aus dem See“ zur Soul-Diva auf, schmachtet aber auch hinreißend mit Kröger um die Wette – in einer Art Universalkarikatur auf Liebesduette. So innig aber dann doch, dass es einen fast schon wieder rührt. Müsste man nicht lachen.

Das kann natürlich nur klappen, weil die stattliche Kapelle unter Tom Bitterlichs Leitung, die die Bühne zu Recht immer mal wieder ins Rampenlicht dreht, soundsatt und in diversen Musikstilen firm, Solisten und den Chor musikalisch sicher umfängt. Und Gergen gibt dem Affen Zucker und nochmal Zucker, überzieht den Klamauk herzerfrischend schamlos, manchmal jedoch auch anbiedernd saartümelnd. Zudem drückt er aufs Tempo: Man hat noch nicht mal richtig losgelacht, schon hagelt es die nächste Zote. Die Bühne (Court Watson) bleibt zudem ständig in Fahrt und im Kulissenwandel. So haben der Regisseur und sein Ensemble schon voriges Jahr im Salzburger Landestheater gepunktet – und nun auch im Merziger Zeltpalast. Auch wenn all der Spaß nicht  überdeckt, dass das „Spamalot“-Musical vor allem ein großes So-als-ob ist, eine Persiflage auf das gesamte Genre und der einzige echte Hit „Always look on the bright side of life“ aus einem anderen Monty-Python-Klassiker („Das Leben des Brian“) zwangsentlehnt wurde. Auch  ist Gergen letztlich kein Gag zu platt, als dass man nicht noch jemand drüber stolpern lassen könnte und so ein paar Lacher rausholt. Letztlich aber schafft er mit seiner hochdosierten Tempo-Infusion tatsächlich eine Revitalisierung des betagten Film-Humorstücks: Gergen ist, so gesehen, auch ein Retter der Kokosnuss.

         Bonsoir: Französische Rittersleut’ lugen um die Ecke.

Bonsoir: Französische Rittersleut’ lugen um die Ecke.

Foto: Ruppenthal/Rolf Ruppenthal

Noch bis 3. September. Infos unter www.musik-theater.de

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