Neue CD Der Plüsch und die Tränen

Saarbrücken · Marc Almond widmet sich mit großer Besetzung seinen Lieblingsstücken von einst.

 Marc Almond blickt zurück auf den Pop von damals.

Marc Almond blickt zurück auf den Pop von damals.

Foto: Mike Owen / BMG/Mike Owen

Der Pop der Vergangenheit hat es Marc Almond schon immer angetan – die streicherumflorten Schmachtballaden, die großen Gesten, der Plüsch. Dieses Faible brachte ihm die größten Erfolge ein: Als Hälfte des Elektronik-Duos Soft Cell grub er 1981 eine vergessene Pop-Nummer der Sängerin Gloria Jones von 1965 aus, nahm sie selbst auf – und fortan beschallte „Tainted Love“ die Discos in aller Welt und bezahlt wohl heute noch die eine oder andere Rechnung im Almondschen Haushalt. Er versuchte sich an Scott Walkers grandioser 1969er-Ballade  „Big Louise“, nahm nach dem Ende von Soft Cell das Cover-Album „A woman’s story“ auf und erlebte 1988 einen überraschenden und internationalen Nummer-1-Hit, als er mit dem 60er-Sänger Gene Pitney lustvoll duettierte und schmachtfetzte: „Something’s gotten hold of my heart“.

Zehn Jahre nach dem Cover-Album „Stardom Road“ legt er nun wieder eine Oldie-Kollektion vor: „Shadows and Reflections“. Auf die großen Konsens-Hits aus dem kollektiven Gedächtnis setzt Almond kaum, „The shadow of your smile“ dürfte hier das bekannteste Stück sein. Es sind eher heute halbvergessene Songs, die er abstaubt und poliert – mit Wonne, Finesse und einigem Aufwand: Eine Ouverture mit Streicherschmacht und Engels-Chören gibt die Atmosphäre vor – bunt wird es, melodramatisch, melancholisch, herzerreißend und auch manchmal wohlig kitschig. Nicht zuletzt bei Burt Bacharachs „Blue on Blue“ mit süßlicher Melodie und säuerlichem Liebeskummertext.

Das Titelstück, im Original von der Band The Action, hoppelt zu hemmungslos auf seinem eingängigen Refrain herum, ansonsten aber ist das Album eine Freude. Almond singt schwelgerischen Big-Band-Pop   („I know you love me not“), Balladen mit eleganten Bläsersätzen („All thoughts of time“) und Hymnisches („From The Underworld“). Die Stimme des 60-Jährigen klingt etwas rauer, Almond singt bedachter als früher, als er bisweilen kaum zu bremsen war. Es tut dem Album gut. Es schließt mit einer herrlichen und textlich typischen Almond-Komposition: Im streicherveredelten „No one to say goodnight to“ singt er von Einsamkeit und von der leeren Luxuswohnung als „kaltem Mausoleum“. Und dazu summen Engelschöre – so schön kann Melancholie klingen.

Marc Almond: Shadows and Reflections (BMG).

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