Oper „Egmont“ in Wien uraufgeführt Packende Uraufführung in Wien von Saarbrücker „Artist in Focus“

Wien · Christian Jost, „Artist in Focus“ des Saarländischen Staatsorchester, hat am Theater an der Wien die Oper „Egmont“ uraufgeführt.

Wien und Ludwig van Beethoven – das war zu Lebzeiten des im Jahr 2020 allseits bejubelten Komponisten ein Kapitel für sich. Am „Theater an der Wien“ war er um 1805 Hauskomponist. Auch seine einzige Oper „Fidelio“ wurde in Wien uraufgeführt. Eine Schauspielmusik von Beethoven zu Goethes „Egmont“ gibt es – wirklich überlebt hat aber nur die Ouvertüre. Im cleveren zweiten Opernhaus Wiens kam man auf die Idee, den fast schon obligaten „Fidelio“-Rummel mit einer passenden Uraufführung zu toppen.

Mit ihrer Oper „Egmont“ wandeln jetzt der „Artist in Focus“ des Saarländischen Staatsorchesters, Komponist Christian Jost, und sein Librettist Christoph Klimke auf den Spuren der beiden Heroen. Sie lassen sich von deren Geist inspirieren, ohne auch nur ein Zitat zu verwenden oder damit zu spielen. Bei der Vorlage greift Klimke natürlich Goethe auf, reduziert aber das Personal auf den positiven Helden Graf Egmont (Edgaras Montvidas) nebst seiner Geliebten Clara auf der einen Seite und auf den berüchtigten Grafen Alba auf der anderen Seite. Dazwischen stehen Margarete – die Schwester des spanischen König Philipps II. als dessen verständigungsbereite Statthalterin (Angelika Kirchschlager), nebst Sekretär für alle Fälle Macchiavell sowie Albas Sohn Ferdinand (Theresa Kronthaler).

Herzog Alba wird seinem ohnehin versauten Ruf voll gerecht. Er foltert und mordet ohne jeglichen Skrupel und mit eigener Hand. Sogar Margarete fällt ihm zum Opfer. Egmont bleibt seinem Glauben an das Gute und die Freiheit trotz allem treu. Und auf der Strecke.

Mit einem nur leicht mit Marimbaphon, Vibraphon, Harfe und Klavier angereicherten Orchester wie zu Beethovens Zeiten (es ist das fabelhafte ORF-Radiosymphonieorchester Wien unter Leitung von Michael Boder) steuert Jost einen dämonisch dräuenden Sound bei, der keinen Zweifel daran lässt, wer hier triumphiert. Alba hat die Macht, sein Credo „Spanien zuerst!“ (hic!) brutal durchzusetzten. Er meint damit König, Kirche, vor allem aber die eigene Macht.

Regisseur Keith Warner und sein Ausstatter Ashley Martin-Davis fügen dem Sog der Worte und Klänge einen szenischen hinzu. Mobile, schräge Zellen auf der Drehbühne, aus dem Schürboden einschwebende Artisten und ein Schwarm stilisierter schwarzer Kraniche liefern den Rahmen für eine beklemmende Exkursion auf die dunkle Seite der Macht. Sie kulminiert in einem wortreichen Duell zwischen Egmont und Alba. Und rein emotional in der Ermordung Margaretes durch Alba.

Schon im Libretto ist Herzog Alba deutlich profilierter als Graf Egmont, mit Bo Skovhus ist der starke Arm König Philipps II. allerdings auch noch unschlagbar überzeugend besetzt. Er ist die stimmstarke personifizierte Skrupellosigkeit. Maria Bengtsson hat als Egmonts Geliebte Clara das Privileg geradezu betörender Kantilenen und nutzt es überzeugend. Das Protagonistenensemble überzeugt insgesamt ebenso wie der von Erwin Ortner einstudierte Arnold Schoenberg Chor.

In der packenden Wiener Uraufführungsinszenierung richtet Albas Sohn Ferdinand am Ende seine Pistole nicht auf Egmont, sondern auf seinen Vater. Ein Startschuss für den Weg in eine bessere Welt dürfte das wohl nicht werden. Bravo!

Christian Josts„Odyssée surréale für 23 Solostreicher“ wird am 8. März (11 Uhr) und 9. März (20 Uhr) in der Saarbrücker Congresshalle aufgeführt. Zu hören sein werden zudem Werke von Brahms und Beethoven.

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