Ex-Sicherheitsberater Flynn Der Absturz eines verbitterten US-Helden

Washington ·  Es war ein dramatischer Tag vor Gericht, und er endete mit einer Überraschung. Wäre es nach Robert Mueller gegangen, dem Sonderermittler der Russlandaffäre, wäre Michael Flynn eine Haftstrafe definitiv erspart geblieben.

 Michael Flynn stand früh zu Donald Trump. Hat er ihn nun belastet?

Michael Flynn stand früh zu Donald Trump. Hat er ihn nun belastet?

Foto: dpa/Carolyn Kaster

Nun aber muss Donald Trumps einstiger Sicherheitsberater noch einmal zittern: Statt wie erwartet eine Entscheidung zu treffen, ließ der zuständige Richter am E. Barrett Prettyman Courthouse in Washington das Verfahren gestern in die Verlängerung gehen. Frühestens in drei Monaten ist nun mit der Urteilsverkündung zu rechnen.

Flynn habe eine „sehr schwere“ Straftat begangen, befand Emmet Sullivan und fügte hinzu, dass er seine Abscheu nicht verbergen wolle. Während Flynn als Nationaler Sicherheitsberater gedient habe, habe er zugleich einer ausländischen Macht als Agent gedient. „Dies untergräbt alles, wofür diese Flagge hier steht. Offenbar haben Sie ihr Land verkauft“, sagte der Richter mit Blick auf das Sternenbanner unter Anspielung auf Lobbydienste, für die sich Flynn von der Türkei fürstlich bezahlen ließ, auch dann noch, als er bereits zum Kreis der engsten Vertrauten um den Wahlsieger Trump gehörte.

Mueller hatte empfohlen, den ehemaligen Dreisterne-General nicht mit Gefängnis zu bestrafen. Flynn habe die Nachforschungen zu der Frage, ob Trump 2016 geheime Absprachen mit der russischen Regierung traf, durch seine Aussagen so wesentlich unterstützt, dass von Freiheitsentzug abgesehen werden sollte, lautete seine Empfehlung. Sullivan sah das anders. Er könne ein Urteil ohne Freiheitsstrafe nicht garantieren, betonte er, bevor er nach Absprache mit Flynns Anwälten einen Aufschub um mindestens 90 Tage verfügte. Der 60-Jährige hat mit bis zu sechs Monaten Haft zu rechnen.

Wie auch immer der Richter am Ende urteilt, der Absturz eines einst zum Helden verklärten Generals ist ein denkwürdiges Kapitel. In Afghanistan und im Irak hatte sich Flynn den Ruf erworben, ein einfallsreicher Stratege des Kampfes gegen Terroristen zu sein.  2012 machte ihn  Barack Obama zum Direktor der Defense Intelligence Agency, des Militärgeheimdienstes, um ihn zwei  Jahre darauf wieder zu entlassen, da er ständig mit ihm aneckte.

Es war wohl das Schlüsselerlebnis, das aus dem nüchternen Analytiker einen Anhänger abstruser Verschwörungstheorien werden ließ. 2015 traf sich Flynn erstmals mit Trump, gehörte zu jener überschaubaren Riege einst anerkannter Experten, die das Getöse des Reality-TV-Stars mit inhaltlicher Substanz untermauern sollten. Doch statt Trump zu bremsen, spitzte er dessen populistische Rhetorik bisweilen noch zu.

Flynn nutzte sein Comeback, um viel Geld zu verdienen. Von Ekin Alptekin, einem eng mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan verbandelten Unternehmer, kassierte seine Firma 530 000 Dollar für einen Publicity-Feldzug, der die Auslieferung Fethullah Gülens nach Ankara erreichen sollte. Die russische Regierung  zahlte 33 750 Dollar, damit er zu einer Gala des Senders Russia Today nach Moskau reiste. 

Nach dem Wahlsieg belohnte Trump den Generalleutnant a.D. für seine Dienste, indem er ihn als Nationalen Sicherheitsberater ins Weiße Haus holte. Schon nach 24 Tagen allerdings musste Flynn zurücktreten, nachdem bekannt geworden war, dass er unter anderem das FBI über seine Gespräche mit dem russischen Botschafter in Washington belogen und damit eine Straftat begangen hatte. Danach bedrängte Trump den damaligen FBI-Direktor James Comey, er möge von Nachforschungen gegen Flynn absehen. Comey weigerte sich, worauf er prompt seinen Hut nehmen musste. Daraufhin erst wurde Mueller als Sonderermittler der Russlandaffäre eingesetzt. 

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