Theater Das Gute liegt manchmal vor der Haustür

Forbach · Was gibt es in dieser Spielzeit im Forbacher Le Carreau zu sehen? Leiterin Fabienne Lorong erklärt es. Sie weiß, was gerade das saarländische Publikum interessiert – und was nicht.

  Bei Tanz und bei Zirkus zieht es die Saarländer nach Forbach, ins Nationaltheater Le Carreau. „40 Prozent der Zuschauer sind Deutsche, wenn getanzt wird, fast ebenso viele bei den  Zirkus-Aufführungen“, sagt Fabienne Lorong. Mit Freude wird man daher hierzulande vernehmen, dass die Carreau-Direktorin in der aktuellen Saison, der zweiten von ihr programmierten, mehr Tanz und mehr Zirkus als zuvor auf den Spielplan gehoben hat.

Möglich gemacht hätten dies auch Kooperationen, erklärt Lorong. So seien etwa die Gastspiele „Frusques“ (lief gestern) und „Crossover“ (läuft morgen) gleichzeitig Bestandtteil des Jugendtheaterfestivals Loostik. Die „Floating Flowers“, ein zeitgenössisches Tanzstück der Compagnie B. Dance aus Taiwan, das Lorong beim Festival in Avignon entdeckte und unbedingt herholen wollte, kann sie am 20./21. November auch deshalb zeigen, weil es von der „Biennale de la Dance Grand Est“ mitfinanziert wird. Das zweijährliche Tanzfestival, vor der Gebietsreform noch ein lothringisches, findet bis zum 5. Dezember dezentral in vielen Orten in der Region Grand Est statt. Das Stück „Je danse parce que je me méfie“ der in Frankreich lebenden Japanerin Kaori Ito wiederum präsentiert das Carreau am 13. Februar in Kooperation mit dem Centre Pompidou Metz anlässlich dessen großer Japan-Ausstellung. Ito hat dafür ihren Vater aus Japan eingeladen, um ihn auf der Bühne zu Kulturunterschieden zu befragen.

Aber manchmal liegt das Gute auch ganz nah. Mit zwei Tanzstücken zur Musik von Philip Glass wird am 15. März das Ballet de Lorraine aus Nancy zum ersten Mal überhaupt im Carreau auftreten. Die Truppe im Rang eines Nationalen Tanzzentrums habe unter ihrem neuen schwedischen Direktor Petter Jacobsson zu ganz neuem Format gefunden, lobt Lorong. Den Tanzreigen beschließt am 5. Mai der israelischstämmige Choreograf Yuval Pick mit seiner Truppe unter dem Motto „Are friends electric?“ zu Rhythmen von Kraftwerk. Bei diesem Gastspiel kooperieren die Forbacher mit dem Tanz Festival Saar des Saarländischen Staatstheaters (SST). Die Zusammenarbeit mit dem SST entwickele sich prächtig, sagt Lorong, auch dank des  frankophilen Intendanten Bodo Busse. Neben den Opernbesuchen im SST, die das Carreau für seine Abonnenten organisiert, und dem Festival Primeurs, das im November fortgeführt wird, habe man mit der Jugendoper „Gold“ erstmals eine SST-Produktion im Carreau empfangen und für „Frusques“ erstmals die Alte Feuerwache nutzen können.

Auch im Schauspiel verspricht Lorong für die neue Saison Hochkarätiges. Nach dem „Besuch der Alten Dame“ und Brechts „Arturo Ui“ wird der aus Kolumbien stammende formidable Regisseur Omar Porras diesmal Molières Komödie „Amor et Psyché“ durchlüften (21./22. Februar). Porras steht für Rasanz und anarchische Fantasie.

Unter den zehn gastierenden Schauspiel-Produktionen findet sich auch dezidiert Politisches wie „Mon Traître“ von Sorij Chalendon über den irischen Bürgerkrieg. Auf französischer Seite sei die Nachfrage dafür schon enorm hoch, sagt Lorong. Doch obwohl alle Schauspiele deutsch untertitelt sind, liege der Anteil des deutschen Publikums hier im Durchschnitt nur bei zehn bis 15 Prozent. Und das trotz eines großen Potenzials an Saarbrücker Studierenden in französischen oder binationalen Studiengängen.

Warum sie dieses Angebot vor der Haustür nicht nutzen? Dafür hat auch Lorong noch keine Erklärung. Ob die Rechnung andersherum aufgeht? Etwas Neues probiert sie nämlich mit Kino-Abenden: Ergänzend zu Schauspielen präsentiert das Carreau im Cinema Le Paris, gleich gegenüber, etwa Murnaus „Nosferatu“ und eine „Faust“-Verfilmung von Alexander Sokurow in deutscher Fassung (mit französischen Untertiteln). Ungewohntes Terrain betritt das Carreau auch mit einem Konzert, bei dem der preisgekrönte israelische Jazz-Pianist Yaron Herman das Klassik-Orchester Geneva Cmarata trifft (3. Februar).

Obwohl das Publikum zu den Zirkussen ja von selbst findet, sei einer besonders empfohlen: der des Ophélia Théatres, bei dem Tänzer, Akrobaten und Musiker aus Marokko, Togo, der Elfenbeinküste und Syrien vom Leben an den „Rändern der Welt“ („Bords du Monde“) erzählen (am 2. März).

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