Ausstellung im Frankfurter Städel Die Geschichte einer deutschen Kunst-Liebe

Frankfurt/Main · Das Frankfurter Städel zeigt mit „Making van Gogh“ die umfangreichste Werk-Schau des holländischen Malers seit fast 20 Jahren.

 Eine Besucherin geht an Katalogen zu der Ausstellung „Making Van Gogh“ mit Selbstporträts des Künstlers vorbei.

Eine Besucherin geht an Katalogen zu der Ausstellung „Making Van Gogh“ mit Selbstporträts des Künstlers vorbei.

Foto: dpa/Boris Roessler

Er war der Maler der Sonne, der Kornfelder und der Sonnenblumen – für Städel-Direktor Philipp Demandt ist Vincent van Gogh zudem der „Godfather der deutschen Moderne schlechthin“. Das Frankfurter Museum zeigt nach fünfjähriger Vorbereitung 50 Werke des niederländischen Malers (1853-1890), der zu Lebzeiten gerade mal etwa zwei Dutzend Bilder und Zeichnungen verkaufen konnte, nach seinem Tod aber zu einem Idol der Kunstszene wurde. Wie es dazu kam, das ist auch Thema der Ausstellung „Making van Gogh“, die von Mittwoch an bis zum 16. Februar 2020 im Städel Museum zu sehen ist.

Nach Angaben Demants handelt es sich „um die wahrscheinlich aufwendigste, auf jeden Fall aber die am längsten geplante Ausstellung in der Geschichte unseres Hauses“. Seit fast 20 Jahren seien in Deutschland nicht mehr so viele Werke van Goghs in einer Ausstellung vereint gewesen - da ist mittlerweile eine neue Generation von Museumsbesuchern herangewachsen.

„Er malte Bilder, die für eine ganze Generation von Künstlern zum Erweckungserlebnis wurden“, sagte Demandt über den Einfluss van Goghs auf die Künstler der deutschen Moderne. In der Städel-Ausstellung sind van-Gogh-Werke daher auch neben und zwischen den Bildern deutscher Expressionisten, die teilweise stets „van Goghianer“ blieben oder über van Gogh zu ihrem eigenen Stil fanden. Der Untertitel der Städel-Ausstellung lautet denn auch „Geschichte einer deutschen Liebe“.

Die Erfolgsgeschichte van Goghs in Deutschland ist übrigens eng mit dem Städel verbunden: Es war das erste öffentliche Museum in Deutschland, das 1908 zwei Werke van Goghs kaufte – zuvor hatten vor allem Privatsammler Gefallen an dem Niederländer gefunden, der nach Meinung mancher Kritiker „gestrichelte Absonderlichkeiten“ produzierte, andere dagegen in Euphorie versetzte, wie Kurator Felix Krämer betonte. „Ohne van Gogh wäre die deutsche Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts vollkommen anders verlaufen.“

Nicht zuletzt seine Selbstbildnisse regten jüngere Künstler an, sich in ähnlicher Form wie ihr großes Vorbild zu präsentieren. So hängt in der Ausstellung neben einem Selbstporträt van Goghs ein Selbstbildnis von Max Beckmann aus dem Jahr 1905, auf dem der Maler auch ein Bruder van Goghs sein könnte angesichts der Ähnlichkeiten. Als unverstandener, tragischer und leidender Künstler habe van Gogh sowohl Künstler als auch Sammler beeindruckt, meinte Krämer über die Reaktionen auf van Gogh. Ob Cuno Amiet, Max Beckmann, Ernst Ludwig Kirchner, Paul Klee oder Max Pechstein – die Städel-Ausstellung zeigt, wie unterschiedlich die deutschen Künstler auf das Werk van Goghs reagierten.

In keinem anderen Land stieß van Gogh Anfang des 20. Jahrhunderts auf solches Interesse wie in Deutschland: Bis zum Ersten Weltkrieg waren seine Werke in fast 120 Ausstellungen in Deutschland vertreten – mehr als im übrigen Europa und Nordamerika zusammen, wie Demandt betonte.

Dass auch van Gogh unter den Nationalsozialisten als „entartet“ eingestuft wurde, bekam auch das Städel-Museum schmerzhaft zu spüren: Van Goghs „Das Bildnis des Doktor Gachet“ wurde beschlagnahmt. An dieses düstere Kapitel deutscher Kunstgeschichte erinnert in der Ausstellung der leere Bilderrahmen des Gemäldes, das nach Angaben von Krämer heute Teil einer Privatsammlung ist. Ein Podcast mit dem Titel „Finding van Gogh“ geht begleitend zur Ausstellung der Geschichte des verschwundenen Bildes nach.

Um die Ausstellung mit Leihgaben aus internationalen Museen überhaupt zustande kommen zu lassen, mussten die Ausstellungsmacher reichlich Überzeugungsarbeit leisten. „Es ist immer ein Griff ins Herz, wenn man nach einem van Gogh fragt“. Denn für die Museen, die sich vorübergehend von ihren Bildern trennten, bedeutete dies auch die Trennung von einem Publikumsmagneten. So kamen etwa das „Mohnblumenfeld“ aus Den Haag nach Frankfurt, die „Ernte in der Provence“ aus Jerusalem oder die „Hafenarbeiter in Arles“ aus Madrid – viele von ihnen Schlüsselwerke.

Letztlich habe das Konzept überzeugt, „mit einem großen Namen eine neue Geschichte zu erzählen“, sagte Krämer über „Making van Gogh“. Krämer, früherer Sammlungsleiter des Städel und heutiger Generaldirektor des Kunstpalastes Düsseldorf, war sich jedenfalls sicher: „Eine solche Ausstellung realisiert man nur einmal in Leben.“

„Making Van Gogh“ bis 16. Februar 2020. Geöffnet Di. und Mi. sowie Sa. und So. 10 bis 19 Uhr, Do. und Fr. 10 bis 21 Uhr. Eintritt: Di. bis Fr. 16 Euro, Sa. und So. 18 Euro.

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