Da lacht das Herz des Hedonisten

La Petite Pierre · Mehr als eine Autostunde muss ein in Saarbrücken aufbrechender Genießer in diesen Tagen nicht investieren, um zu einem wahren Füllhorn an Delikatessen zu gelangen. In La Petite Pierre schlägt zum 14. Mal ein Jazzfestival mit Weltklasse-Besetzung die musikalischen Gourmets in seinen Bann.

Das bemerkenswerte, noch bis Sonntag dauernde Festival im krummen Elsass betört nicht nur mit einem attraktiven Programm, sondern auch mit einer warmherzigen Atmosphäre. In den malerischen Mauern des idyllischen Mittelalter-Relikts wird Musik aus aller Welt goutiert, dazwischen in den behaglichen Auberges dem leiblichen Wohl auf die Sprünge geholfen. Da lacht das Herz des Hedonisten!

Mit der grandiosen Dianne Reeves hatte das Jazzfest seine verheißungsvolle Ouvertüre. Tags darauf der erste Knaller, der das Auditorium auf der gut gefüllten Place Jerri Hans (direkt am Schloss) in Hochstimmung versetzte. Richard Galliano, der unbestrittene König der Balginstrumente, zeigte in einem Doppelkonzert sein Ausnahmetalent. Nachmittags führte der Bandoneon-Paganini einen atemberaubenden Dialog mit dem kongenialen Gitarristen Sylvain Luc. Ihr augenzwinkernder Bummel durch Musette und Chanson geriet zu einem Diadem funkelnder Diamanten. Sous le ciel d' Alsace destillierten Galliano und Luc aus Edith Piafs Erbe so manches köstliche Elixier.

Federleicht swingend war später auch Gallianos zweiter Strich: An seiner Seite der Gitarren-Stilist Philip Catherine, der Bassist Philippe Aerts und der Drummer Hans van Oosterhout. Gallianos New Musette Quartet bündelte all seine Interpretationskunst in einer erfrischenden musikalischen Melange. Wenn Musette, Tango und leichtfüßiger Swing so unverkrampft verbunden werden, dann ist gute Laune kaum zu vermeiden. Erwartungsgemäß bescherte der Abend mit Benny Golson ein nachhaltiges Jazz-Erlebnis. Der inzwischen 87-jährige Hardbop-Doyen ist seit fast 60 Jahre als origineller Interpret und als einer der bedeutendsten Songwriter des Modern Jazz eine Ikone. Das hindert ihn nicht daran, weiter als launiger Erzähler und als zupackender Tenorsaxophonist um den Globus zu jetten.

Für den Auftritt im Elsass hatte der Altmeister eine Band zusammengestellt, um die ihn nicht wenige Kollegen beneiden dürften. Mit seinen deutlich jüngeren Partnern gelang ihm ein perfekter Brückenschlag zwischen Jazz-Messenger-Hardbop und zeitgenössischem Jazz. Der hinreißende Pianist Antonio Farao, weltweit einer der Besten seines Fachs, der über einen strahlenden Ton gebietende Trompeter Flavio Boltro und die eindrucksvolle Rhythm Section (Gilles Naturel, Bass und Doug Sides, Drums) legten eine brillante Performance hin. Bis Montag lodert der Jazz noch an der Schlossmauer. Nicht wie hin!

Donnerstag: Maceo Parker; Freitag: Stanley Clarke; Samstag: Moh! Koujate; Amadou & Mariam; Sonntag: Amazing Keystone Bigband; Montag: Rhoda Scott & Linda Lee Hopkins. Infos unter: www. festival-augresdujazz.com

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