Comic-Treffen an Saarbrücker Kunsthochschule Kleine, feine Grübeleien in Schwarzweiß
Saarbrücken · Einmal mehr bewies das Saarbrücker HBK-Symposium am Wochenende im KuBa, dass der Comic tausende Spielarten kennt.
Animationen, Lesungen, Live-Musik im sehr gut besuchten KuBa: Das 7. Comic-Symposium der Hochschule der Bildenden Künste Saar (HBK) am Freitagabend war ein Erfolg. Die Kuratoren Joni Majer, Elizabeth Pich und Jonathan Kunz hatten fünf Künstler eingeladen, die sich weniger dem klassischen Comic widmen denn freieren Formen, etwa Illustrationen, Animation und gar der Musik: nämlich Sarah-Louise Barbett, die anfangs auf dem Sofa des KuBa von Lampenfieber gemartert wurde, sich für das „terrible english“ ihres Vortrags entschuldigte und zwischendurch bemerkte, es sei „trop dur de parler“. Aber es ging dann doch alles gut, und Barbett zeigte ihre Kunst, die verspielt wirkt und vielleicht ein wenig naiv, zumindest auf den ersten Blick.
Sie zeichnet auf Grundlage eigener Fotografien gerne Tiere und Innenräume — in der Zeichnung „Noises in the attic“ etwa eine kleine Spinne auf dem Dachboden mit großem Hammer in einem ihrer acht Hände. Das hatte ebenso einen charmanten, manchmal skurrilen Witz wie die Musik, die Barbett als „Musique Chienne“ aufnimmt und auf Musikcassetten vertreibt.
Max Baitinger erzählt in seinem Comicband „Birgit“ vom drögen Leben einer Büroangestellten — im KuBa las er aus den ersten Seiten, während die Panels an die Wand gestrahlt wurden. Herrlich, wie Baitinger den Alltag herunterbricht auf Details der Ödnis, darauf, dass eine zwei Minuten früher als sonst gelieferte Pizza schon Abwechslung ist. Als Zugabe zeigte er eine Animation, die die Tonspur eines Interviews begleitet: Warum sich Magneten denn abstoßen, wurde der renommierte Physiker Richard Feynman gefragt — und der antwortete mit einem sprudelnden Monolog über das Wesen dieser Frage und der Fragen allgemein (sehr sinnig und bei youtube zu finden).
Baitinger illustriert Feynmans Grübeln Idee für Idee in kleinen feinen Schwarzweißzeichnungen, eine Art Gedankencomic entspinnt sich — der künstlerische Höhepunkt des Abends. Mit dem Fahrrad aus Finnland angereist waren Kaisa und Christoffer Leka nun nicht, gewundert hätte es einen aber nicht. Denn das Künstler-Ehepaar verbindet seine Radel-Leidenschaft mit seiner Arbeit und hat aus der Fahrt quer durch die USA ein Buch gemacht: eine Sammlung von täglich in die Heimat geschickten Postkarten, die die Reise grafisch-humorig protokollierten. Keine gänzlich neue Idee, deren Reiz aber in der Ausführung liegt: Das Buch ist eine kleine Box mit Reproduktionen der Postkarten und einer comicartigen US-Karte mit der Beschreibung der Strecke und der Menschen, die dem Duo auf dem Weg halfen.
Erschienen ist im eigenen Kleinverlag, erzählten die Lekas. Einen großen Verlag für solch ein teures Projekt zu finden, das sich nicht mal parallel als E-Book vermarkten lässt, sei unmöglich. Mehr Interesse finde da ihre eigene Geschichte, erklärte Kaisa Leka: die Amputation ihrer Beine vor 15 Jahren und das Leben danach mit Reisen und Radeln. Als „tragische Heldin mit den Prothesen“, sagte Leka ironisch, habe sie sogar in Italien einen Verleger gefunden. Bis heute aber keine Tantiemen erhalten.
Abschluss machte die Düsseldorferin Nadine Redlich mit einer kurzen Vorstellung ihrer Arbeit. Ein wenig harmlos wirken manche ihrer Figuren mit Unschuldsmiene und dicken Knubbelnasen. Doch hinter dem scheinbar Banalen finden sich Tiefen, wenn etwa ein Hund über das Verhältnis von Bauch-, Rücken- oder Seitenlage zur eigenen Gemütslage grübelt.
Kleine Animationen aus ihrem Band „Ambient Comics“, der schlichte Alltagsdinge bildweise in minimalen Veränderungen zeigt (ein Glas Bier, eine sich auflösende Sprudeltablette), unterlegte sie mit sphärischem Wellness-Gedudel und raunte dazu „Relax“ oder „Enjoy the moment“. Witzig war das und leider rasch vorbei – mit einem „Ich sag jetzt nichts mehr“ war sie hinfort.