„Die Chemie im Team muss einfach passen“, kündigte Frédéric Zipperlin, Direktor und Regisseur des Cirque Bouffon, vor dem Saarbrücker Gastspiel an. Bei der Generalprobe zur neuen Show „Paraiso“, die die Saarbrücker Zeitung bereits vor der offiziellen Premiere am Samstagabend besuchen durfte, sah das dagegen ganz anders aus: Nicht nur bei den beiden Ballerinas ist der Zickenkrieg ausgesprochen. Auch bei den anderen Künstlern des internationalen Ensembles scheint Neid und Missgunst vorzuherrschen – und das nicht hinter den Kulissen, sondern mitten in der Manege.

In Till-Eulenspiegel-Manier hält der Cirque Bouffon einer traumatisierten Welt, die nicht sieht, wie sie geworden ist, den Spiegel vor: Das Streben nach Macht, der ständige Konkurrenzkampf und der Versuch, etwas zu sein, was man nicht ist, verdeutlichen insbesondere die Hauptfiguren: die Clownin Noémie Pichereau aus Frankreich sowie der vielseitige Magier, Clown und Jongleur Winston Fuenmayor aus Venezuela. Zusammen mit den anderen Akteuren streiten sie sich, wer eine Krone tragen darf.

Erst am Ende der Show, die Gesellschaftskritik gekonnt poetisch verpackt, vereint Anja Krips, die mit ihren Phantasie-Gesängen durch den Abend führt, das Ensemble, verteilt Kronen an alle. Auf einem riesigen Gestell, das auf den ersten Blick an einen Kronleuchter erinnert und sich dann als Ars Matabile, ein besonderes Blasinstrument entpuppt, spielen alle gemeinsam. Aber auch darüber hinaus nimmt die Musik wie gewohnt auch in der neuen Show eine große Rolle ein. Seine eigens dafür komponieren Stücke interpretiert Sergej Sweschinski nicht nur mit seinen Kollegen zusammen. Auch die Artisten begleiten die Nummern ihrer Kollegen unter anderem auf Trommeln. Und Musiker wie Rudik Yakhin werden wiederum zum Teil der Inszenierung.

Im Gegensatz zum „Cirque Bouffon“, der beim Saarbrücker Publikum schon seit Jahren ein immer wieder gern gesehener Stammgast ist, sind viele Akteure der neuen Show zum ersten Mal Teil des Ensembles. So verbiegt Alexander Mitin auf einem Piano seinen Körper in schier unglaubliche Positionen. Annika Hemmerling zeigt nicht nur eine ungewöhnliche Mundbalance mit einer riesigen Blume. Am Trapez verwandelt sie sich vom kopflosen Mr. Flap in die Artistin „Lola“, mit der sie durch ganz Europa tourt.

Hoch hinaus geht es auch mit Alexis Hedrick aus den USA: Am Seil hängend präsentiert sie ihre im wahrsten Sinne des Wortes verwickelte Nummer. Wie viele Artisten hat sie mit ihrer Rad-Performance später noch eine weitere parat. Und Helena Lehmann aus der Ukraine, die bereits 2013/2014 beim „Alexander Kunz Theatre“ beeindruckte, tanzt an der Vertikalstange.

Während ihre Artisten-Kollegen fast alle neu sind, gibt es mit Yana Lutsiv aus der Ukraine und Suzanne Da Cruz aus Portugal ein Wiedersehen mit zwei Akteurinnen der Vorgängershow „Solvo“: Die beiden parodieren mit ihrer etwas rabiaten Trapez- und Ballett-Darbietungen überspitzt das Konkurrenzdenken unter Tänzerinnen – und darüber kann man immer wieder herzhaft lachen.

Eines haben alle Darbietungen dagegen gemeinsam: Zipperlin verpackt sie im typischen Bouffon-Stil. Getreu dem Motto „Paraiso“ der neuen Show, das auf der Vorstellung eines wunderbaren Ortes beruht, gelingt es dem Ensemble wieder mal, das Publikum für zwei Stunden in eine Poesiewelt zu entführen und dazu zu bringen, vom Alltag abzuschalten.

Der Cirque Bouffon gastiert noch bis zum 15. Oktober im Chapiteau vor dem Großen Haus des Saarländischen Staatstheaters in Saarbrücken. Anschließend wird das Ensemble vom 25. Oktober bis zum 19. November auf dem Messeplatz in Trier spielen.

Karten und weitere Infos unter www.ticket-regional.de