Chuck Berry, der „Mister Rock'n'Roll“, ist tot

St Louis · Mit flinken Fingern sauste Chuck Berry in den 50ern und 60ern über seine E-Gitarre. Und war Vorbild für viele – auch Elvis Presley. Jetzt ist er mit 90 Jahren gestorben.

Ein neues Album, das erste seit fast 40 Jahren, war für 2017 angekündigt. "Dieses Album ist meiner geliebten Toddy gewidmet", hatte Chuck Berry dazu kommentiert. Fast 70 Jahre war die Rock'n'Roll-Legende mit Themetta "Toddy" Berry verheiratet. "Mein Darling. Ich werde alt. Ich habe lange an diesem Album gearbeitet. Jetzt kann ich meine Schuhe an den Nagel hängen." 2012 bereits hatte Berry dem Musikmagazin "Rolling Stone" gesagt, seine Tage als Sänger seien vorbei. "Meine Stimme ist weg. Meine Kehle ist ausgeleiert. Und meine Lungen sind fast am Ende."

Berry wird die Veröffentlichung des Albums nicht mehr erleben. Der oft als "Mr. Rock'n'Roll" bezeichnete Musiker starb am Samstag (Ortszeit) im Alter von 90 Jahren in seinem Haus in Wentzville in der Nähe von St. Louis im US-Bundesstaat Missouri.

Familie, Freunde, Fans, Kollegen und sogar frühere US-Präsidenten betrauerten den Tod des Musikers. Der 1926 in St. Louis geborene Afroamerikaner gab sich dagegen schon immer bescheiden. "Meine Sicht ist nach wie vor, dass ich all das Lob, das ich für meine Errungenschaften im Rock'n'Roll bekomme, nicht verdiene", schrieb Berry in seiner Autobiografie. Berry sprach junge Menschen aus allen Bevölkerungsgruppen an, schrieb das Musikmagazin "Billboard". In einer Zeit, als in den USA Schwarz und Weiß noch getrennt waren, "wusste er, was Menschen ausdrücken wollten, aber selbst nicht konnten."

Der Einfluss von Berry auf die Welt fetziger Gitarren-Riffs der 1950er, 60er und 70er-Jahre lässt sich kaum bemessen. Bands wie die Rolling Stones wurden von ihm maßgeblich beeinflusst. Als einer der größten Songschreiber und besten Gitarristen seiner Zeit hat Berry den Rock'n'Roll und davon inspirierte Musikgenres nachhaltig geprägt. Elvis mag die bildhafte Ikone und das Sexsymbol des Genres gewesen sein, doch Berry verkörperte dessen Mentalität mit seinen Kompositionen.

Charles Edward Anderson Berry, genannt "Chuck", wuchs im Kreis einer großen Familie auf und entwickelte bald ein Gespür für Dichtkunst und Blues. Er machte sich in der Clubszene von St. Louis schnell einen Namen. Beeinflusst wurde er von Blues-Größen wie Nat King Cole und seinem Idol Muddy Waters, der Berry schließlich dazu animierte, auf das "Chess"-Musiklabel zuzugehen.

Dort stellte sich der Erfolg schnell ein, als Berry 1956 den Hit "Roll Over Beethoven" landete. "School Day" und "Rock and Roll Music" (beide 1957) sowie "Sweet Little Sixteen" und sein wohl bekanntester Hit "Johnny B. Goode" (beide 1958) folgten. Teenager und ländlich beeinflusste Hillbilly-Musiker aus dem Süden mochten Berrys Stil, und auch der zu der Zeit eher unbekannte Elvis Presley erkannte das Potenzial und nahm Berrys Hit "Maybellene" mit in seine Show auf. Musikalisch konnte der spätere "King" Berry aber nie das Wasser reichen.

So hoch der talentierte Showman Berry im Musik-Business aufstieg, hatte er privat einige Tiefpunkte. Als Teenager hatte er wegen verschiedener Vergehen mehrere Jahre in Jugendhaft verbracht, 1961 wurde er erneut verhaftet und für anderthalb Jahre hinter Gitter gesteckt, weil er ein 14 Jahre altes Mädchen über die Grenze zweier Bundesstaaten gebracht hatte. Der Fund von Drogen und mit Minderjährigen gedrehten Pornofilmen in seinem Haus sowie Steuerhinterziehung brachten ihm erneut Ärger mit der Justiz ein. Zudem soll er 1989 Frauen auf der Toilette seines Restaurants gefilmt haben. Den Rückblick auf seine herausragende musikalische Laufbahn dürften diese Episoden nur bedingt trüben. 1985 gab es den Grammy für sein Lebenswerk, die Rock'n'Roll "Hall of Fame" nahm Berry auf. Der Beatle John Lennon fasst dessen künstlerische Leistung so zusammen: "Wenn man Rock'n'Roll umbenennen wollte, müsste man ihn Chuck Berry nennen."

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Chuck Berrys Musik flog 1977 ins All Chuck Berrys Welthit "Johnny B. Goode" wurde 1977 von der US-Weltraumbehörde Nasa mit den Raumsonden Voyager 1 und 2 ins All geschossen. Die Nasa versah sie mit so genannten "Golden Records" - Datenträgern mit Infos über die Menschheit, darunter Bilddaten und Grußbotschaften an Außerirdische - und insgesamt 27 Musikstücken.

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