Chöre, die sich wie Waagschalen annähern

Dillingen/Saarbrücken · 150 Sängerinnen und Sänger aus vier verschiedenen Chören bringen Arthur Honnegers Oratorium ,,Le roi David” unter der Leitung von Georg Grün am Wochenende in Dillingen und Saarbrücken zur Aufführung. Georg Grün erzählt, vor welche Anforderungen ein solches Projekt die Beteiligten stellt.

"Le roi David" von Arthur Honegger erzählt die alttestamentarische Geschichte von David - Hirte, Bandit und Krieger, schließlich König der Juden. Der 1892 geborene Komponist Honegger war schweizerischer Abstammung, lebte und wirkte aber vor allem in Frankreich. Le "roi David" war zunächst das Auftragswerk eines Theaters, Honegger nahm sich des biblischen Stoffes gerne an und schrieb 1921 innerhalb weniger Wochen ein Oratorium.

"Le roi David" ist beliebt, denn jeder "kann andocken," sagt Chordirigent Georg Grün, Honeggers Musiksprache ist deutlich und für Grün klar eine französische, er hört Anklänge an Débussy, Poulenc und die Absicht, der schwelgerischen Romantik etwas entgegen zu setzen, ohne atonal zu verstören. Honegger beherrscht die Tonsprache des frühen 20. Jahrhunderts ebenso wie die des Barock, deren ordnender Hand er sich souverän bedient, wenn der Text es fordert.

Rund 150 Sängerinnen und Sänger aus vier verschiedenen Chören bringen das Werk unter der Leitung von Georg Grün am Wochenende zur Aufführung. 200 professionell agierende Singstimmen brauchte Grün vor einem Jahr für das Verdi Requiem. Nun ist die Saarbrücker Musikhochschule nicht so groß, dass der Hochschulchor diese Mannstärke aufbrächte. Als Grün 2012 hier Professor für Chorleitung wurde, sann er auf eine elegante Lösung, die Hochschule in dieser Hinsicht potenter zu machen und gründete das Chorwerk Saar. In diesem Netzwerk der Musikhochschule finden sich Hochschulchor und Studio Vocale Saar. Das Studio Vocale Saar ist ein reines Experimentierfeld für Studierende.

Teil des Netzwerkes sind aber auch der Kammerchor Saarbrücken und die Evangelische Chorgemeinschaft an der Saar, ein freier Projektchor mit höchstem Anspruch und ein erfahrener Oratorienchor, beide von Georg Grün geleitet. Diese zwei Chöre, die unabhängig von Hochschulaktivitäten ihre Programme gestalten, erweitern die Möglichkeiten der Lehre enorm. Unter anderem wird alle ein bis zwei Jahre ein großes gemeinsames Projekt erarbeitet, wie jetzt der "roi David." Aussehen kann das dann so: Erste Probe von Hochschulchor und Evangelische Chorgemeinschaft - Erstsemesterstudenten treffen auf erfahrene Kirchenmusiker. "Das Match gewinnt immer die Chorgemeinschaft," sagt Grün. Von Probe zu Probe nähern sich die Chöre wie zwei Waagschalen aneinander an, der Hochschulchor holt auf, hier sind zukünftige Profimusiker am Werk und tiefes musikalisches Verständnis wird vorausgesetzt. Schließlich entsteht, was Grün, die "pikante Mischung" nennt, mal schwächelt die Hochschulgruppe wegen Prüfungsstresses und wird von den alten Hasen des Kirchenchors aufgefangen, mal werden die von der vorurteilslosen Offenheit der Jungen mitgerissen.

"Vielleicht erarbeiten die Studenten das Werk schneller und singen sauberer", aber für die Tiefen aus den Bässen brauche es die zuverlässige Klangfülle der Altgedienten, so Georg Grün. "Diese Art von Reibung macht es schön und interessant, das hat mit Leben zu tun - und wenn es gut läuft, ist am Ende alles vergessen." Heute wird man es sehen und hören.

Heute, 20 Uhr: Saardom Dillingen; Sa und So, 19 Uhr: Kirche St. Michael Saarbrücken.

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