„Brandbrief“ dreier Städte aus Angst vor kulturellem Ausbluten

Saarbrücken · In Rheinland-Pfalz macht derzeit ein „Brandbrief“ der hochverschuldeten Städte Trier, Kaiserslautern und Ludwigshafen die Runde. Sie fürchten ihren kulturellen Ausverkauf. Ein Blick nach Trier zeigt, wie berechtigt diese Sorge ist.

In einem ausdrücklich so titulierten "Brandbrief" haben unlängst drei kreisfreie rheinland-pfälzische Städte - Trier, Kaiserslautern und Ludwigshafen - einen Notruf abgesetzt, demzufolge ihre kulturelle Grundversorgung zur Disposition steht. Adressat war Kulturminister Konrad Wolf (SPD). Hintergrund sind die ihnen von der kommunalen Aufsichtsbehörde des Landes, der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD), angelegten Daumenschrauben: Die ADD nötigt sie, bei den freiwilligen Ausgaben zu sparen. Nicht genug damit, dass man diese deckelte, sollen die Kommunen nun auch ihre freiwilligen Ausgaben (von Kultur- über Sport- und Jugendförderung bis zum Fremdenverkehr) in einen Topf werfen.

Folglich fürchten die Kulturabteilungen der drei Städte, die zu den am höchsten verschuldeten bundesweit gehören, ein großes Hauen und Stechen. Sprich, dass Schwimmbäder gegen Theater et cetera ausgespielt werden. Fatale Aussichten. Umso mehr, wenn man berücksichtigt, dass Rheinland-Pfalz bei den Kulturausgaben pro Einwohner (Quelle: Kulturfinanzbericht 2014 des Statistischen Bundesamtes) mit 67,52 Euro ohnedies schon nach Schleswig-Holstein (61,90 Euro) bundesweites Schlusslicht ist. Geringfügig mehr gab das Saarland aus (67,98 Euro pro Kopf).

In dem unserer Zeitung vorliegenden Brief fordern die Unterzeichner - die Ludwigshafener Kulturdezernentin Cornelia Reifenberg (CDU), ihre Kaiserslauterer Kollegin Susanne Wimmer-Leonhardt (CDU) und Triers Bürgermeisterin Angelika Birk (Grüne) - , "dass die Stigmatisierung der kulturellen Aufgaben als ,freiwillig' nicht weiter dazu führen darf, dass diese Aufgaben von der ADD als erste und wichtigste Sparprojekte verstanden werden". Andernfalls würde Kultur zur "willkommenen Manövriermasse für Einsparmaßnahmen" degradiert. Darauf zu hoffen, dass diese nun kurzerhand in Rheinland-Pfalz zur Pflichtaufgabe erklärt wird, wäre naiv. Vielmehr spricht alles dafür, dass man sich durchlavieren und auf größtmögliche Schonung hoffen muss. Ob dies gelingt, wird davon abhängen, welchen Rückhalt die jeweiligen Kulturinstitutionen in Politik und Bürgerschaft genießen.

Das Beispiel Trier, wo inzwischen selbst die Lokalzeitung in einem Kommentar das Theater in Frage stellt, zeigt, wohin die Reise gehen könnte: Dort wird inzwischen offen über eine Liquidierung des Dreispartenhauses diskutiert, um es durch eine Gastspielbühne zu ersetzen. Einen ersten Versuchsballon ließ unlängst der regionale Steuerzahlerbund hochgehen, als er die Theaterabwicklung forderte (wir haben berichtet). Zwar hat Kulturminister Wolf diese Forderung als Ausdruck "großer kulturpolitischer Verantwortungslosigkeit" gegeißelt, solcherlei Bashing aber ist in Trier längst hoffähig geworden, seit die Bühne unter ihrem Intendanten Karl Sibelius von einer Krise in die nächste trudelt.

In einer Umfrage des "Trierischen Volksfreund" sprachen sich 19 Prozent der 715 Befragten für eine Abwicklung des Theaters aus, weitere zwölf Prozent halten es für eine Institution, die sich überlebt habe - knapp ein Drittel votierte mithin für die Aufgabe. Dass Triers Kulturdezernent Thomas Egger (SPD), anders als seine Kolleginnen in Ludwigshafen und Kaiserslautern, den "Brandbrief" an den Minister nicht unterzeichnet hat, könnte also damit zu tun haben, dass der Kultur in Trier gerade die Felle davonschwimmen.

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