Berlinale contra Corona Die Winter-Berlinale zieht in den Sommer

Berlin · Das Berliner Filmfestival soll im Juni vor Publikum ablaufen – die Kino-Branche schaut die Filme schon im März.

  Die Festivalleiter Mariette Rissenbeek und Carlo Chatrian bei ihrer ersten Berlinale 2020, die gerade noch von Corona verschont blieb.

Die Festivalleiter Mariette Rissenbeek und Carlo Chatrian bei ihrer ersten Berlinale 2020, die gerade noch von Corona verschont blieb.

Foto: AP/Michael Sohn

Die Berlinale soll in diesem Jahr vom 9. bis zum 20. Juni als sogenanntes Summer Special auch vor Publikum stattfinden. „Mit dem Summer Special wollen wir für das Publikum die ersehnte Festivalatmosphäre schaffen“, erklärte Berlinale-Geschäftsführerin Mariette Rissenbeek. Das Sommerfestival soll nicht im Berlinale-Palast am Potsdamer Platz stattfinden, sondern in mehreren Kinos. Bisher seien sie mit zehn Spielstätten im Gespräch. Auch Freiluft-Veranstaltungen sind angedacht. Geplant ist dann auch eine Eröffnung mit rotem Teppich. Im Rahmen der Sommerveranstaltung soll demnach auch die Preisverleihung der 71. Berlinale stattfinden.

Wegen der Corona-Pandemie kann die Berlinale in diesem Jahr nicht im üblichen Format ablaufen. Die Filmauswahl für die diesjährige Berlinale soll zwischen dem 8. und dem 11. Februar vom künstlerischen Leiter des Festivals, Carlo Chatrian, bekannt gegeben werden. Anfang März sollen die Filme bei einer Veranstaltung ausschließlich für Angehörige der Filmbranche gezeigt werden. Bei diesem „Industry Event“ sollen auch die Gewinner der diesjährigen Berlinale bestimmt werden.

In der Jury sitzen sechs Regisseure, deren Filme in den Jahren 2006 bis 2020 mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet wurden: Mohammad Rasoulof (Iran), Regisseur des Goldenen Bären-Gewinnerfilms 2020 „Es gibt kein Böses“, Nadav Lapid (Israel), Regisseur des Gewinnerfilms „Synonyme“ (2019) und Adina Pintilie (Rumänien), Regisseurin von „Touch Me Not“ (2018). Weitere Jurymitglieder sind Ildikó Enyedi (Ungarn), Regisseurin des Gewinnerfilms „Körper und Seele“ (2017), Gianfranco Rosi (Italien), Regisseur von „Fire At Sea“ (2016) und Jasmila Zbanić (Bosnien und Herzegowina), Regisseurin von „Grbavica“ (2006). Fünf Jurymitglieder sollen die Filme nach einer entsprechenden Quarantäne zusammen in Berlin schauen, wie Rissenbeek sagte. Der regierungskritische iranische Regisseur Rassulof könne dagegen weiterhin nicht ausreisen. Er werde die Filme daheim ansehen. Einen Juryvorsitz gibt es diesmal nicht.

Chatrian zeigte sich erfreut über die Besetzung der Jury; die Filmemacher hätten die Einladung „begeistert angenommen“. Gerade in schwierigen Zeiten sei es „ein äußerst bedeutungsvolles und starkes Zeichen der Hoffnung“, dass sich Preisträger zusammenfänden, um Filme zu sichten und auf diese Weise Kollegen unterstützten, erklärte Chatrian.

Das Sommerfestival dürfte deutlich kleiner ausfallen als die übliche Berlinale. 2020 waren 330 000 Tickets verkauft worden. Auch die Sponsorensuche könnte wegen der Pandemie schwieriger werden. Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) stellte deswegen finanzielle Unterstützung in Aussicht. Bisher finanzieren sich die Filmfestspiele in Berlin ungefähr jeweils zu einem Drittel aus Ticketeinnahmen, Sponsorengeldern und Unterstützung vom Bund. Wie viel Geld die Berlinale zusätzlich braucht, steht noch nicht fest. Das hängt auch davon ab, wie viele Menschen im Sommer ins Kino dürfen.

Die übliche Finanzierung des Bundes liegt jährlich bei rund zehn Millionen Euro, wie Grütters sagte. Sie rechnet damit, dass aus dem Hilfsprogramm „Neustart Kultur“ zusätzliche Millionen fließen werden. Je nach Szenario könnten es ihren Angaben zufolge zehn bis 15 Millionen Euro sein. Das sei es ihnen allemal wert, sagte Grütters.

Gibt es einen Plan B, falls es im Juni doch nicht mit einem Festival klappt? Natürlich wisse niemand, wie sich das Virus verhalte, sagte Grütters. Keiner wolle sich vorstellen, dass es im Juni einen genauso harten Lockdown gebe wie jetzt. Es könne aber sein, dass Kinosäle nicht voll gefüllt werden könnten.

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