Barbara Dennerlein zieht in Homburg alle Register

Homburg · Jazz auf einer Kirchenorgel, geht das? Ja und nein lautete die Antwort nach dem denkwürdigen Konzert Barbara Dennerleins in Homburgs evangelischer Stadtkirche.

Einerseits entlockte die als Jazz-Organistin berühmt gewordene Barbara Dennerlein der Kirchenorgel ungewohnte Klänge; andererseits suchte sie eher Jazz-Randgebiete auf (Blues oder Funk). Rasante Akkordwechsel wie im Swing wären im Hall der Kirche zu stark verschwommen.

Der Blues hielt das aber aus, natürlich um so mehr, wenn er wie bei Dennerleins erstem Stück "Blues in the Pipeline" bewusst für die Kirchenorgel komponiert wurde. Die anschließende Latin-Nummer "Green Paradise" litt zumindest rhythmisch unter dem langen Nachhall - aber zum Tanzen waren die 200 Besucher ohnehin nicht gekommen. Sie bekamen stattdessen ein hübsches Klanggemälde mit ineinander laufenden Farben ins Ohr. Fürs Auge war auch gesorgt: Dem Umstand, dass Besucher eines Kirchenorgelkonzerts den Interpreten höchstens am Anfang und am Ende zu Gesicht bekommen, begegneten Dennerlein und ihr Team per Videoübertragung des Orgelkonzerts von der Empore auf eine Leinwand am Altar. So konnten die Zuschauer auch die schnellen Bassläufe auf den Fußpedalen nachvollziehen oder den jeweiligen Einsatz der drei Manuale. Auch machte die Münchnerin launige Ansagen, die ihre Kompositionen näher erklärten.

Mit "Change of Pace" verließ die Organistin dann das konventionelle Terrain: Die Melodien und Taktwechsel erinnerten anfangs an den Prog-Rock der 70er, ehe Dennerlein nach einer Zäsur die Arme zu Hilfe nahm und einen immer lauter werdenden Cluster produzierte. Dieses Klanggewitter blieb in Erinnerung. Nach einem weiteren Blues ("zur Beruhigung") zog Dennerlein im wahrsten Sinne noch einmal alle Register: In "New York Impressions" zitierte sie Bach und Mendelssohn, spielte regelrechte Powerchords wie Rockgitarristen und scheute auch nicht den einfachen Wohlklang. Stehender Applaus.

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