Bangen statt Hoffen?

Saarbrücken · Rosenkriege sind durch Organisationsmaßnahmen nie zu beenden. Das trifft auch auf die Musikfestspiele Saar zu, aus deren gemeinnütziger Träger-GmbH sich im Oktober 2015 Land und Saarländischer Rundfunk (SR) verabschiedeten - und rund 350 000 Euro Fördergelder für 2017 mitnahmen.

 Überlebte Partnerschaft: Kultusminister Ulrich Commerçon (SPD) und Festival-Chef Robert Leonardy. Foto: Oliver Dietze

Überlebte Partnerschaft: Kultusminister Ulrich Commerçon (SPD) und Festival-Chef Robert Leonardy. Foto: Oliver Dietze

Foto: Oliver Dietze

Doch Festivalchef Robert Leonardy (75) ist nun mal ein Optimist - unbeirrbar, unbelehrbar und unbequem. Ohne diese Charakterprägung gäbe es die Musikfestspiele nicht. Als der Pianist das Festival vor 26 Jahren nach dem Modell des Schleswig-Holstein-Musikfestivals als private One-Man-Show aus der Taufe hob, ging er, der Musikhochschul-Professor, ins unternehmerische Risiko. Das Hoffen auf angebohrte Sponsorenquellen und wacklige, aber schließlich immer gewährte Staatsförderung, es war Teil des Geschäfts. Zurückrudern oder Bangen gab's nicht. Wird sich das ändern, muss er kürzer treten?

Jedenfalls schließt sich dieser Tage wohl das letzte Hintertürchen für Zuversicht. Die Landesregierung hatte es Leonardy nach den ersten öffentlichen Empörungs-Wellen über die Finanzbremse geöffnet. Wenn er sein Musikfestspiele-Konzept modifiziere, hieß es, wären für die nächste Ausgabe 2017 vielleicht doch Landes- oder Toto-Fördermittel drin. Also bewarb Leonardy sich. Vergeblich, wie Recherchen der SZ dieser Tage ergaben.

Aus regierungsnahen Kreisen war zu erfahren, dass demnächst ein Brief aus der Staatskanzlei beim Musikfestspiele-Chef landen werde - mit einer Absage. Das wollte die Staatskanzlei gestern nicht kommentieren. Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) erklärte lediglich auf Nachfrage, dass ein am Dienstag gefasster Kabinettsbeschluss besage, dass der klassischen Musik auch weiterhin "eine angemessene Bühne im Saarland" geboten werden soll: "In welcher Form, und ob dabei die Musikfestspiele ab 2018 einbezogen werden, werden wir zu gegebener Zeit beschließen." Im Klartext: 2017 fällt die Förderung flach. Selbst die CDU, in der mancher Musikfestspiele-Fan den Kämpfer für die Hochkultur wähnte, tritt also nicht zur Rettung an. Es gibt offensichtlich keinen Dissens mit Kultusminister Ulrich Commerçon (SPD), der bekanntlich das 2017 bei den Musikfestspielen eingesparte Geld in ein neues Festival für aktuelle Musik stecken wird. Und was passiert 2018?

Commerçon erklärt auf SZ-Nachfrage, er könne über Inhalte, Profil oder Ausstattung der Klassik-Förderung noch überhaupt nichts sagen: "Wir haben Zeit bis 2018. Zuerst konzentrieren wir unsere Kräfte, um das neue Festival 2017 zu starten." Commerçon denkt weniger an ein neues klassisches Gastspiel-Festival als an andere Formate. Denn ein zweites Klassikfestival würde den Musikfestspielen, die ja weiter am Markt bleiben wollten, unmittelbar Konkurrenz machen. Commerçon: "Zukunftsfähiger wäre meiner Ansicht nach, innovative Konzepte zu finden, um junge Leute an die Klassik heranzuführen." Der Minister legt dar, dass der Klassikmusikbereich bestens besetzt sei mit Reihen (Tage der Alten Musik, Mettlacher Kammermusiktage), zwei A-Orchestern (Radiophilharmonie, Staatsorchester) sowie mit den vielfältigen Aktivitäten und Auftritten der Hochschule für Musik Saar. Trotzdem müsse Leonardy 2017 nicht leer ausgehen. Sollte der im Rahmen seines China-Festivals interessante Programmpunkte haben, sei punktuelle Unterstützung drin und wahrscheinlich: "Einzelprojekte fördern wir jeder Zeit wieder, wenn sie überzeugen." Doch für das Gesamtkonzept gelte: "Das von Herrn Leonardy jetzt als neu vorgelegte Konzept war das kaum modifizierte alte. In dieser Form wollen wir das nicht mehr fördern, darüber ist vielfach mit ihm gesprochen worden." Sprich: Leonardy hat alten Wein in alte Schläuche gegossen. Und das schmeckt einem Kultusminister nicht, der Prioritäten setzt für Neues, eine urbane, junge Kultur.

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