Ausgebremste Klangwogen, kraftvoller Biss, emphatische Zuarbeit

Saarbrücken · Bevor die Deutsche Radio Philharmonie zu ihrer dritten Südkorea-Tournée aufbrach, präsentierte der SR am Freitag eines der Programme im 1. Studiokonzert auf dem Halberg. Mit der präzise, dynamisch ausgearbeiteten Ouvertüre zu Beethovens Ballett "Die Geschöpfe des Prometheus" beeindruckte die koreanische Dirigentin Shiyeon Sung schon in den ersten Minuten. Wer dann ein süffiges Violinkonzert von Tschaikowsky erwartet hatte, musste weitgehend auf gewohnte Emotionen verzichten. Die erst 22-jährige Esther Yoo entlockte ihrer Stradivari zwar klangschön Gestaltetes, in technischer Perfektion und klarer Artikulation. Doch nur in der "Canzonetta" wollte sich ein warmes Tschaikowsky-Bauchgefühl einstellen.

Dirigentin Sung begleitete diese eher rationale denn emotionale, wenn auch gefällige Interpretation aufmerksam. Mit zupackenden Tempi und kraftvollem Biss wurde das Vivacissimo-Finale sogar vital und abwechslungsreich. Musik, die das Publikum ob ihres "Furiosos" zu Ovationen hinriss. Mit einer sanften Bach-Sarabande bedankte sich die junge, vielversprechende Geigen-Virtuosin.

Brahms tat sich schwer mit seinem sinfonischen Erstling op.68. Auch Dirigentin Sung schien Mühe in der beengten Akustik des Sendesaals zu haben, Inspiration zu suggerieren. Ihre Zeichengebung führte nicht immer zu gemeinsam geatmeten Einsätzen, der gestische Aufwand entsprach mitunter wenig den hörbaren Klanggestalten. Die brahmsschen Klangwogen wirkten leicht ausgebremst, nicht zu Ende entwickelt, unnötig pastos. Die Leichtfüßigkeit des "Allegretto grazioso" geriet schwerfällig, das "Brio" des Finales hätte eine Brise Adrenalin vertragen. Dass es trotz begrenzter Probenzeit so Respektables zu hören gab, war neben Sungs Einsatz vor allem der aufmerksamen Zuarbeit und Empathie der DRP zu danken, die sich mit Brahms' "Ungarischem Tanz Nr.4" mitreißend verabschiedete.

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