Auserwählt und verschleppt – der Comic-Band „Éloi“

Saarbrücken · Die Graphic-Novel "Éloi" illustriert bildmächtig ein dunkles Kapitel europäischer Kolonialgeschichte des 19. Jahrhunderts. "1837, irgendwo in Neukaledonien" nimmt das Drama seinen Lauf. Die französische Fregatte "Renommée" kartiert unter dem Kommando des Napoléon-Getreuen Dessailly das entdeckte Neuland und macht auf der Pazifikinsel Station.

Das Leben der Eingeborenen fasziniert und stößt die Mannschaft zugleich ab - und wirft die verschiedenen Parteien auf den Plan: Für den ehrgeizigen Forscher Delaunay birgt das Studium der "Wilden" die einmalige Chance, sich in den Annalen der "Académie des sciences" für immer einzuschreiben. Der Schiffspater Timothée wiederum will in seinem missionarischen Eifer beweisen, dass der Eingeborene an sich zum Christenmenschen taugt - solange er auf Menschenfleisch verzichtet und fleißig die Bibel liest. Für den Rest der Crew sind die "Kanaken" schillernde Projektionsflächen ihrer Geisteshaltung, die sich in der Ablehnung alles Fremden erschöpf. Der Entschluss, einen der jungen Eingeborenen mit nach Paris zu nehmen, bringt die Gruppendynamik der Besatzung auf hoher See ins Wanken und mündet in der Katastrophe.

Die jungen bretonischen Comic-Künstler Locard und Grouazel erzählen in ihrem Debüt eine Geschichte, die aufwühlt. Dazu tragen die detaillierten, in schwarz-weiß oder dunkel-tiefblau gehaltenen Zeichungen bei. Diese konsequente Unterbelichtung der Bilder schafft eine düstere Atmosphäre, die einen das salzige Wasser förmlich schmecken und die geistige Enge der Zeit spüren lässt.

Younn Locard und Florent Grouazel: "Éloi". avant-verlag, 224 Seiten, 29,95 Euro.

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