„Alles zerfiel, und ich suchte einen Sinn darin zu finden“

Venedig · Schon einmal saß Nick Cave dieser Tage auf dem Lido dreidimensional am Piano. Doch der Auftritt in Wim Wenders' Wettbewerbsbeitrag war nur ein kurzes Gastspiel. Der Hauptauftritt auf der Festivalleinwand folgte erst jetzt außer Konkurrenz in "One more time with feeling", einer Begleitdoku zu seinem am Freitag erscheinenden Album "Skeleton Tree". Nächste Woche kommt der Film bereits ins Kino. In Venedig stellte ihn nur Regisseur Andrew Dominik vor. Cave tauchte nicht auf der Pressekonferenz auf und will den Film offenbar für sich sprechen lassen.

Die Musik-Doku, in 3D und überwiegend in Schwarzweiß gedreht, zeigt den australischen Musiker meist bei Aufnahmen im Studio, aber auch im Auto oder in seinem Haus im englischen Seebad Brighton. Seine Frau Susie taucht ein paar Mal auf, einmal kommt auch Sohn Earl ins Studio. Dass der andere Zwillingssohn Arthur vor einem Jahr bei einem tragischen Unfall ums Leben kam, wird lange nicht direkt angesprochen. Es bleibt zunächst bei allgemeineren Anspielungen in Caves Gedanken über das Leben, die Vergänglichkeit, plötzliche Veränderungen. Dann aber thematisieren seine Frau und er den Verlust ganz offen. Und die Versuche, ihn zu verarbeiten: spür- und sichtbar verwundet, ohne eine Trauernabelschau zu veranstalten. "Alles zerfiel, und ich versuchte, darin einen künstlerischen Sinn zu finden", sagt Cave, "das Trauma war extrem schädlich für den kreativen Prozess" heißt es später. Den neuen Songs, die er vorstellt, während die Kamera um ihn am Piano kreist, merkt man das nicht an. Sie sind nachdenklich, trauerschwer - in einem Film, der weit mehr als eine gängige Musikdoku ist.

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