Nach den Spar-Runden ein Wachstums-Gipfel

Vier Stunden müssen reichen, um "nur mal kurz die Welt zu retten". Tatsächlich hat das Sondertreffen der 27 Staats- und Regierungschefs am Montag in Brüssel eher den Charakter einer Stippvisite denn einer ausgedehnten Arbeitssitzung

Vier Stunden müssen reichen, um "nur mal kurz die Welt zu retten". Tatsächlich hat das Sondertreffen der 27 Staats- und Regierungschefs am Montag in Brüssel eher den Charakter einer Stippvisite denn einer ausgedehnten Arbeitssitzung. Und da wird es weit weniger um die Frage gehen, ob der neue Krisenmechanismus ESM noch aufgestockt werden soll - vor März passiert da gar nichts - oder ob der Vertrag über die Stabilitätsunion (Fiskalpakt) noch nachgearbeitet werden muss.In beiden Punkten sei, so hieß es gestern aus Regierungskreisen, eher damit zu rechnen, dass man die "Ausarbeitungen der Finanzminister wohlwollend abnickt". Der Eindruck, Kanzlerin Angela Merkel (CDU) stehe "allein gegen den Rest Europas" sei falsch, betonen deutsche Diplomaten in Brüssel. Auch die Behauptung, "Deutschland ist isoliert", wird als "normales Ritual im Vorfeld" abgetan.

Bleibt noch das Sorgenkind Griechenland. Brüsseler Finanzexperten geben sich weiter sicher, dass ein erfolgreicher Abschluss der Verhandlungen mit dem Internationalen Bankenverband über einen Schuldenschnitt vor Beginn des Gipfels möglich ist. Sollte das der Fall sein, wird Athen zum Randthema.

Damit aber scheint der Weg für Merkel frei, nicht mehr nur übers "Sparen, sondern übers Wachsen" zu reden, kolportieren Eingeweihte. "Es macht keinen Sinn, wenn wir immer nur mehr Geld versprechen, aber die Ursachen der Krise nicht bekämpfen", sagt die Regierungschefin und verweist auf Spanien, wo inzwischen 40 Prozent aller jungen Menschen unter 25 Jahren arbeitslos sind. EU-Ratspräsident Herman van Rompuy sieht das genauso: "Meine Idee ist, eine intensive Debatte über die verschiedenen Erfahrungen anzustoßen, wie man neue Jobs und Arbeit schaffen kann", schrieb er in der Einladung zu dem Spitzentreffen.

Kommissionspräsident José Manuel Barroso hat schon mal vorgearbeitet. Sein Vorschlag: Jeder Schulabgänger soll innerhalb von vier Monaten ein "qualifiziertes Angebot" erhalten - entweder eine Ausbildung, eine Trainingsmaßnahme oder eine Weiterbildung. Alle Staaten sind aufgerufen, nach Möglichkeiten zu suchen, um "Arbeit von Steuern zu entlasten". Und außerdem könnten die mit vielen Milliarden Euro gut gefüllten Strukturfonds genutzt werden, um dem Mittelstand unter die Arme zu greifen. Vertrauten der Bundeskanzlerin zufolge denkt Merkel sogar darüber nach, auf Rückflüsse aus diesen Fonds zu verzichten, wenn das Geld für Wachstum investiert werde.

Auf viel Unterstützung ist bereits ein anderer Vorschlag gestoßen: Mit Hilfe so genannter "Projekt-Bonds" könnte die private Finanzierung von Infrastrukturvorhaben angeschoben werden.

"Wir gehen in eine neue Phase der Krise", sagen Kommissionsexperten in Brüssel. "Es ist der Start der Nach-Krisen-Ära." "Die Euro-Rettung zeigt erste Erfolge", sagte auch ein hoher Vertreter der Europäischen Zentralbank in Brüssel. Das liege nicht zuletzt auch daran, dass die im Dezember versprochenen Verträge über die strengere Haushaltsführung und den Europäischen Krisenmechanismus (ESM) deutlich früher als geplant fertig geworden seien. Um diesen positiven Eindruck zu verstärken, brauchen die Staats- und Regierungschefs deshalb am Montag nur die getane Arbeit zubeschließen und wie geplant im März alle Papiere zu unterschreiben.

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