Münchner Revolution zum Start des Berliner Theatertreffens

Berlin · Mit einer Verbeugung vor dem verstorbenen Regisseur Dimiter Gotscheff hat am Freitagabend das 51. Berliner Theatertreffen begonnen. Das Münchner Residenztheater zeigte zum Festivalauftakt Gotscheffs letzte Inszenierung.

Revolution beim 51. Berliner Theatertreffen: Das Münchner Residenztheater hat zum Auftakt des Festivals Heiner Müllers selten gespieltes Werk "Zement" auf die Bühne gebracht - Kapitalismuskritik und Utopie-Exkurs mit Schauspielstars wie Bibiana Beglau und Sebastian Blomberg. Die Aufführung, eine von vier Münchner Inszenierungen beim diesjährigen Theatertreffen, war auch eine Hommage an den 2013 gestorbenen Regisseur Dimiter Gotscheff. Das Revolutionsstück "Zement" war seine letzte Regiearbeit.

Mit großem Ernst und viel Pathos erzählt er darin vom Schlosser und Bolschewik Gleb (Blomberg), der aus dem Bürgerkrieg zurückkehrt und die Zementfabrik, in der er arbeitete, zerstört vorfindet. Seine Frau Dascha (Beglau) ist eine strenge Muster-Kommunistin und ihm fremd geworden. Das gemeinsame Kind Njurka (Valery Tscheplanowa) hat sie ins Heim gegeben, um sich der Revolution widmen zu können. Ezio Toffolutti schuf für die für ihre Ideologie mit brutalsten Mitteln kämpfenden und mit der Realität hadernden Figuren eine beeindruckende, vom Zement verstaubte Kippbühne. "Zement" ist eine Zumutung. Aber eine notwendige. Besseres lässt sich über Theater kaum sagen", schreibt Jurymitglied Christoph Leibold im Festivalmagazin.

Bis zum 18. Mai zeigt das Theatertreffen deutschsprachiger Bühnen die "bemerkenswertesten" Inszenierungen der Saison aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Eine Jury von Theaterkritikern wählte dafür zehn Stücke aus. Mit vier Stücken schickt dieses Mal München die meisten Inszenierungen in die Hauptstadt. Weitere Aufführungen kommen unter anderem aus Stuttgart, Berlin, Zürich und Wien. Regisseure wie Frank Castorf, Herbert Fritsch, Karin Henkel, Alain Platel und Alvis Hermanis zeigen ihre Arbeiten.

Auch der wichtigste Preis des Theatertreffens geht nach München: Johan Simons, Regisseur und Intendant der Münchner Kammerspiele, ist Gewinner des mit 20 000 Euro dotierten Theaterpreises Berlin. Der 3sat-Preis für eine innovative Leitung wird am 7. Mai der Regisseurin Susanne Kennedy für ihre Interpretation von Marieluise Fleißers Werk "Fegefeuer in Ingolstadt" - entstanden an den Münchner Kammerspielen - überreicht. Zum Abschluss des Festivals wird am 18. Mai außerdem der Alfred-Kerr-Darstellerpreis verliehen. Den Preisträger wählt dieses Mal die Schauspielerin Edith Clever aus dem großen Kreis der zum Theatertreffen eingeladenen Künstler aus.

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