Fahrbericht Renault Austral Komfort ist beim Renault Austral Trumpf

Brühl · Der neue Renault Austral löst den nur mäßig erfolgreichen Kadjar im umkämpften Segment der Kompakt-SUVs ab. Er punktet mit Komfort, Ausstattung und schickem Look. Ein Dynamiker ist er aber nicht.

Selbstbewusster Auftritt: Der Renault Austral löst jetzt den Kadjar ab. Zu den Stärken des SUV zählen Komfort, Ausstattung und hochwertiges Interieur.  Foto: Renault 

Selbstbewusster Auftritt: Der Renault Austral löst jetzt den Kadjar ab. Zu den Stärken des SUV zählen Komfort, Ausstattung und hochwertiges Interieur.  Foto: Renault 

Foto: Renault

Von Oliver Schwambach

Brühl Der Mégane-Fahrer kann offenbar nicht anders: „Grandioso“, ruft er – Scheibe runter, Daumen rauf – quer über den Asphalt, kaum, dass er den Renault Austral am Straßenrand erspäht hat. Bevor man aber nachfragen könnte, was er denn so grandios findet am neuesten Renault, hat er schon wieder den Fuß auf dem Gas. Richtung Madrid, wo der französische Autobauer nun seinen jüngsten Spross präsentiert hat.

Damit kein falscher Eindruck aufkommt: Als Kopfverdreher taugt der Austral nicht. Zwar ist das Kompakt-SUV durchaus attraktiv – mit langem Radstand, kurzen Überhängen und den maximal 20 Zoll großen Rädern. Markante LED-Matrix-Scheinwerfer und Rückleuchten mit 3-D-Effekt tun ein Übriges. Und der Renault-Rhombus präsentiert sich in edlem Grau nobel transparent gefasst. Die Zeiten aber, da Renault mit Espace oder Avantime zur Design-Revolution blies, sind lange, lange schon passé. Und wer den Austral (was übrigens so viel wie „südlich“ im Französischen bedeutet) auf Anhieb optisch vom gleichfalls neuen Elektroflitzer Mégane E-Tech unterscheiden kann, hat seinen Platz im Club der Connaisseure sicher.

Trotzdem: Renault hat viel getan, um mit dem Austral auf Distanz zum mäßig erfolgreichen Vorgänger Kadjar zu gehen und auch Abstand zum Konzernbruder Nissan Qashqai zu halten. Vor allem aber will man im umkämpften Segment der Kompakt-SUVs vielleicht doch noch zum Klassen-Primus VW Tiguan aufschließen.

Punkt eins der Frankreich-Strategie dabei: sich nicht bei der Ausstattung lumpen lassen. Je nach Version hält der Austral selbsttätig Tempo und Abstand, hat die toten Winkel fest  im Blick und bremst notfalls auch.

Punkt zwei: innere Schönheit. In der Top-Ausstattungslinie „Esprit Alpine“ versucht man gar den Geist der Sportwagentochter auf das Jedermann-SUV zu transferieren. Et voilà: Mit blau gesticktem Alpine-A und cool-reduziertem Instrumentenlook auf dem 12-Zoll-Display vor dem Fahrer, das sich mit einem weiteren Riesen-Anzeiger zur L-Form erweitert, macht das Cockpit richtig was her. Ein Head-up-Display gibt’s überdies. Très chic.

Was aber noch besser ist: Für wichtige Funktionen, wie Klima- und Heizungsregelung, muss man nicht auf Bildschirmen touchen, sondern es gibt noch gut funktionierende Schalter und Wippen. Und anders als bei Konkurrent Peugeot, wo man öfters meint, Molières Geiziger sei der Hauscontroller, fasst sich im Austral alles wertig an. Ganz ohne französische Eigenwilligkeiten geht es aber auch hier nicht: Das Lenkrad ist merkwürdig ausladend sechseckig; angeblich wegen besserer Durchsicht aufs Display. Was man zunächst für den Automatik-Wählhebel hält, ist tatsächlich eine Handauflage. Und die Sprachsteuerung via Google sowie die Navigation via Google Maps pflegen einen recht barschen Ton.

Womit wir bei Punkt drei, fraglos einem Pluspunkt, wären: dem Komfort im Inneren. Vorn wie hinten sitzt man im Austral kommod – hinten auch mit reichlich Beinfreiheit. Auch der Kofferraum steckt richtig was weg. 430 Liter sind schon gut in dieser Klasse, optional kann man eine um 16 Zentimeter verschiebbare Rückbank ordern, die mehr Stauraum möglich macht. Und für Sperrgepäck lassen sich die Rücklehnen noch umlegen: für 1455 Liter Kofferraumvolumen.

 Bei Punkt vier scheiden sich dann aber die Geister. Nicht, weil Diesel-Aggregate nun passé sind. Doch in die Elektrozukunft steigt man mit dem Austral bloß so lala ein. Alle Benziner haben zwar Elektro-Unterstützung – als Mild- oder als Voll-Hybrid. Allerdings gibt es keinen mit Stecker. Vorteil allerdings: Der Austral muss nie an die Ladesäule, die Batterie wird permanent vom Verbrenner oder durch Rekuperieren geladen. Bei den Mild-Varianten (140 und 158 PS) puscht ein Startergenerator den Turbo-Vierzylinder. Bei der Top-Version arbeiten ein 130-PS-Dreizylindermotörchen und zwei E-Motoren zusammen: macht 200 PS Systemleistung.

Ist man viel in der City unterwegs, soll man laut Renault so überwiegend elektrisch fahren können. Bei den Testfahrten in Spanien mit dem Top-Modell E-Tech Full Hybrid lag bei scharf kontrolliertem Tempolimit von 90 auf Landstraße der Verbrauch laut Bordcomputer bei 6,5 Litern. Nicht schlecht bei immerhin anderthalb Tonne Gewicht. Weniger glücklich ist die Fahrwerksabstimmung geraten. Komfort ist allzeit Trumpf. Zwar schwankt der Austral nicht mehr so wie sein Vorgänger Kadjar, aber weder mag er scharf gefahrene Kurven, noch ist er ein forscher Dynamiker. Spätestens hier verpufft dann der Alpine-Esprit. Bei Tempo 174 Spitze wird ohnehin elektronisch abgeregelt. Zu den besten Extras zählt die rund 1500 Euro teure, „4Control“ genannte Allrad-Lenkung. Damit wird der Austral so wendig wie ein Clio.

Einsteigen kann man in den neuen Renault in der Mild-Hybrid-Variante übrigens ab 29 900 Euro und in den Voll-Hybriden ab 40 400 Euro.

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