Mondän, mollig, melodisch

St. Ingbert. 25 Jahre Internationales Jazzfestival St. Ingbert haben eine wechselvolle Geschichte. Anders als bei dem von Anfang an in einer leitenden Hand befindlichen, ähnlich traditionsreichen St. Wendeler Festival wechselte hier mehrfach die künstlerische Leitung - so schwankte die programmatische Ausrichtung immer mal wieder zwischen Experiment und Mainstream

St. Ingbert. 25 Jahre Internationales Jazzfestival St. Ingbert haben eine wechselvolle Geschichte. Anders als bei dem von Anfang an in einer leitenden Hand befindlichen, ähnlich traditionsreichen St. Wendeler Festival wechselte hier mehrfach die künstlerische Leitung - so schwankte die programmatische Ausrichtung immer mal wieder zwischen Experiment und Mainstream. Bei dem seit 1999 in Amt und Würden stehenden Peter Kleiß weist der Zeiger in letztere Richtung.Unter Kleiß' Ägide und seinen dehnbaren Mottos (nach "Encounters" in 2010 heuer erstmals "Experience") wurde der IGB-Jazz zum Treffen für ein breites Publikum. Kein Problem war's nun am Startwochenende der Jubiläumsausgabe, das überschaubare Eventhaus der Alten Schmelz zu füllen. Angesichts neu installierter weitflächiger Gardinen und molliger Heizwärme fanden Blue-note-Jünger optimale Bedingungen vor. Stilistisch dem zum Pop tendierenden internationalen Trend folgend, goss das Quintett um Josefine Cronholm am Freitag Melancholie in Fässern aus. Die Folklore-getränkten Songkreationen der schwedischen Sangeselfe krochen im Zeitlupentempo dahin: Die Melodien waren oft derart gedehnt, die Akkorde ragten so einsam hervor, dass schon mal der Zusammenhalt zu schwinden drohte. Cronholms meditativen Märchen von Eisprinzessinnen und Feenköniginnen lauschte man eine Weile geneigt, dann wünschte man eine Ottomane herbei.

Munterer zu ging es bei Caecilie Norby und der Band um ihren Gefährten Lars Danielsson (Bass). Auch bei Norby gab es Popeinflüsse, doch ragt die Dänin aus dem seit Jahren von Skandinavien zu uns herunter sprudelnden Strom von Jazzsängerinnen heraus. Norby pflegt einen unverwechselbaren Personalstil, bei dem selbst Manierismen gewinnbringend zum Tragen kommen. Über fehlendes mondänes Charisma kann die Blondine sich keineswegs beklagen, und die Danielsson-Combo swingte und groovte hier, dass es helle Freude machte. Ovationen.

Gut zu hören war am Samstag auch das Cline Bonacina Trio. Nun, es mag Saxofonisten mit kräftigerem und tragenderem Ton geben als Bonacina. Doch was die zierliche Frontfrau aus Gallien mit ihren Hörnern bis hin zum stattlichen Baritonsaxofon zusammen mit Nicolas Garnier (E-Bass) und Hary Ratsimbazafy (Schlagzeug) an Fusion-Jazz anrührte, das hatte reichlich Charme und eigenes Aroma - und kam ebenso sympathisch rüber wie Bonacina selbst mit ihrer mädchenhaft-schüchternen Moderation.

Nach diesem durchaus schrulligen Muntermacher gebührte einem Ensemble mit Regionalbezug das Podium: Zunächst klang das Miteinander der Mannen um Combochef Johannes Müller (Saxofon; Saarland), Jean-Yves Jung (Klavier; Lothringen) und Gaststar Ernie Hammes (Trompete; Luxemburg) noch nach Jam-Session. Kein Wunder, waren teils andere Müller-Mitstreiter angekündigt. Doch mit fortschreitendem Abend keimten so viel kreative Chemie und Spiellaune, dass Feinschmecker eines elegant nach dem Reinheitsgebot swingenden Modern Jazz voll auf ihre Kosten kamen. Zufrieden konnten sie sich danach dem Saar-Pianisten Martin Preiser im mitternächtlichen Festivalclub zuwenden.

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