Mit Koteletts früher in die Pubertät?

Berlin · Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) hat den Hormoneinsatz in der Schweinezucht verurteilt. Gesundheitsgefährdende Rückstände könnten Fleisch und Trinkwasser belasten.

Ihre Proteste gegen den Einsatz von Antibiotika in der Massentierhaltung haben schon zu Gesetzesänderungen geführt, die ab April wirksam werden. Jetzt richten die Naturschützer vom BUND ihre Kritik auf Hormonabgaben in der Schweinezucht. Agrarminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sieht hier jedoch überhaupt kein Problem.

Laut einer gestern veröffentlichten BUND-Studie werden Sexualhormone systematisch an Zuchtsauen verabreicht, um die Arbeitsabläufe in den Ställen zu erleichtern, die Würfe zu vergrößern und die Sauen möglichst schnell wieder trächtig werden zu lassen. Die Hormonabgabe betreffe vor allem industrielle Zuchtanlagen mit bis zu 10 000 Sauen.

BUND-Agrarexpertin Reinhild Benning sieht hier zum einen ein Problem des Tierschutzes. Man versuche aus den Sauen "das Letzte rauszuholen". Die durchschnittliche Ferkelzahl pro Sau und Jahr ist seit 1994 laut der Studie von 18,5 auf 25 gestiegen. Bei übergroßen Würfen von bis zu 19 Ferkeln würden geschwächt zur Welt kommende Tiere einfach erschlagen.

Auch drohten Gefahren für die Gesundheit von Menschen, sagte Benning. Über die Ausscheidungen der Tiere könnten Hormonreste ins Trinkwasser gelangen. Dort gebe es ohnehin schon eine Belastung mit Hormonen aus der Humanmedizin, etwa der Anti-Babypille. Jedoch ist die beim Menschen eingesetzte Menge an Hormonen mit rund 13 Tonnen fast 20 Mal so hoch wie die zuletzt registrierten 670 Kilogramm für Zuchtsauen. Die Zahl stammt aber von 2003. Der BUND verlangt neue Statistiken und eine bessere Registrierung. Erst so könne man auch überwachen, dass vor einer Schlachtung nach einer Hormonabgabe die nötige Karenzzeit von neun Tagen eingehalten werde. Ansonsten könnten Hormone direkt im Fleisch stecken. Vor allem im Säuglings- und Kleinkindalter reagierten Menschen sensibel auf Störungen ihres Hormonhaushalts. Das könne zu Missbildungen der Sexualorgane, vorzeitiger Pubertät und sogar erhöhten Krebsraten führen.

Laut Umweltbundesamt gibt es keine zusätzliche Hormonbelastung aus der Schweinezucht. Das Grundwasser sei sauber, hieß es. Jedoch sei die Fortpflanzungsfähigkeit von Fischen und Amphibien beeinträchtigt. Im Agrarministerium hieß es, der Hormon-Einsatz sei nach EU-Recht "zugelassen und üblich" Er sei ein "integraler und legaler Bestandteil der Nutztierhaltung".

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