Trump pfeift aufs Klima und spaltet die Nation

Washington/ Brüssel · Analyse Klimawandel? Halb so wild! So sieht das Donald Trump. Die Entscheidung zum Pariser Klimavertrag isoliert den US-Präsidenten auf der Weltbühne.

Seit gestern Abend ist der internationale Affront offiziell. Die USA werden sich nach den Worten ihres Präsidenten Donald Trump aus dem Pariser Klimaabkommen zurückziehen. Er habe die Entscheidung getroffen, um die Interessen der Bürger seines Landes zu schützen, sagte Trump gestern im Rosengarten des Weißen Hauses. Zugleich wolle er damit beginnen, entweder das Pariser Dokument neu zu verhandeln oder eine völlig neue Vereinbarung zu schließen, eine Vereinbarung, die amerikanischen Interessen besser gerecht werde.

Kurz vor dieser historischen Entscheidung hatte die kontroverse Debatte auch die Spitzenetagen der US-Wirtschaft fest im Griff. Nicht nur Hightech-Unternehmen aus dem Silicon Valley, allen voran Apple und Google, hatten vor einem Ausstieg gewarnt. Auch der Ölkonzern Exxon Mobil, aus Sorge um das eigene Image darauf bedacht, nicht als Dinosaurier der Klimadebatte zu gelten, hatte dem Präsidenten von Alleingängen abgeraten. Und selbst die drei größten Kohleproduzenten des Landes, Peabody, Arch Coal und Cloud Peak, ließen eine gewisse Bereitschaft zum Kompromiss erkennen.

Bei alledem macht Trumps Entscheidung einmal mehr deutlich, welch tiefer Riss sich quer durch die politische Landschaft der Hauptstadt Washington zieht. Hatten 22 republikanische Senatoren einen Brief an Trump geschrieben, um den Abschied vom Klimapakt im Namen unbeschränkter nationaler Handlungsfreiheit zu unterstützen, so sind es vor allem Demokraten, die heftig widersprechen.

Michael Bennet, ein Senator aus dem Rocky-Mountains-Staat Colorado, sieht ein weiteres Beispiel dafür, dass Trump das eigene Land im Endeffekt an die letzte Stelle seiner Agenda setze, auch wenn er seine Parole "America First" gar nicht oft genug wiederholen könne. Letzter bei Innovationen, Letzter in der Wissenschaft, Letzter in Sachen internationales Engagement, das sei das Ergebnis seines Solo-Ritts, mahnte Bennet. Dagegen der konservative Lobbyist Grover Norquist, der seit Jahren dafür kämpft, Steuern auf ein Mindestmaß zu senken: Für ihn zählt vor allem, dass der Präsident seine Wahlversprechen resolut erfüllt: "Wer Trump hasst, will, dass er im Pariser Club bleibt. Wer ihm Erfolg wünscht, will, dass er austritt."

Schon bevor Trump seine Entscheidung verkündete, skizzierten Politiker wie Unternehmer die Konsequenzen, die sie unweigerlich ziehen würden. Der schillernde Technologiepionier Elon Musk kündigte an, das Weiße Haus nicht länger beraten zu wollen, sollte die Entscheidung gegen die Pariser Vereinbarung fallen. Noch deutlicher wurde Jerry Brown, der Gouverneur Kaliforniens. Trump erreiche das Gegenteil dessen, was er bezwecke. Indem ausgerechnet Trump den Klimawandel schmähe, provoziere er Reaktionen, die internationaler Zusammenarbeit im Kampf gegen die globale Erwärmung nur neuen Schwung verliehen. "An einem zweifle ich nicht, die Welt wird nicht zu Spritschluckern zurückkehren", sagte Brown, dessen Bundesstaat mit strengen Abgasvorschriften Standards für den amerikanischen Automarkt setzt.

Besonders heftig reagierte man auch in Brüssel. So plauderte Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker aus dem Nähkästchen des G7-Gipfels: Die Partner hätten versucht, Trump die Inhalte und Verpflichtungen des Klimaschutz-Paketes nahezubringen - "in klaren Hauptsätzen". Aber offensichtlich habe sich der US-Präsident "den Dossiers nicht genug genähert, um sie vollumfänglich zu begreifen". Europa habe die Pflicht, Trump zu sagen: "So geht das nicht."

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