Mit Donald über die Klippe

Für die US-Republikaner muss es sich anfühlen, als säßen sie in einem Zug, der auf eine Klippe zurast. Aussteigen unmöglich. Und der Lokführer bremst nicht, weil er damit beschäftigt ist, sein nächstes Opfer zu beschimpfen. Amerikas Konservative sind Gefangene eines Kandidaten, mit dem sie sich eben erst mühsam arrangiert hatten, nachdem sie ihn nicht verhindern konnten. Verfestigt sich der aktuelle Trend, dann steuern sie im November auf eine demütigende Niederlage zu.

Ginge es nach seinen Beratern, würde Donald Trump gerade den Schalter umlegen. Er würde sich um eine seriösere Note bemühen, so etwas wie den Staatsmann Trump zum Vorschein kommen lassen. Einen Tag lang sah es aus, als sollte ihm das gelingen. Am Montag hielt er eine Rede über seine Wirtschaftspolitik, und ganz unabhängig vom Inhalt: Er las sie diszipliniert vom Teleprompter ab, ohne plötzlich verbal aus der Hüfte zu schießen. Dann folgte der Rest der Woche, und der Wunschtraum von Donald 2.0, dem Weichgespülten, war geplatzt. Trump stachelte Waffenbesitzer zur Revolte gegen Hillary Clinton an, nannte Barack Obama den Gründer der IS-Miliz und rückte ihn erneut in die Nähe des islamistischen Terrors. Am Ende einer turbulenten Woche steht fest: Donald Trump kann nur Donald Trump .

Lange ist er damit gut gefahren. Mit einer Sprache, die von politischer Korrektheit oft weit entfernt ist, schwang er sich zum Rächer der Entrechteten auf. Und für jene, die sich vom politischen Establishment weder verstanden noch vertreten fühlen, wird der rhetorische Raufbold ein Held bleiben. Nur: Damit lässt sich keine Präsidentschaftswahl gewinnen. Schon bei weißen US-Bürgern, sonst eine sichere Bank für seine Partei, verliert er zusehends an Boden. Bei Afroamerikanern und Hispanics ist er ohnehin chancenlos.

Dabei hatten die Republikaner, die nun hilflos im dahinrasenden Zug sitzen, 2016 zum Jahr der Wende erklärt. Und warum auch nicht? In der US-Geschichte hat eine Partei, die zwei Amtszeiten lang den Staatschef stellte, nur höchst selten eine dritte anhängen können. Der Letzte, dem das gelang, war George Bush Senior, der 1989 Ronald Reagan im Oval Office ablöste. In einem Land mit so ausgeprägter Dynamik, so ausgeprägter Ungeduld hat der Kandidat des Wechsels allemal die besseren Karten.

Hinzu kommt, dass Hillary Clinton nun wirklich keine Begeisterungsstürme entfacht. Sie ist nur unwesentlich populärer als Trump, fast zwei Drittel der US-Bürger haben kein volles Vertrauen in sie. Gewinnt sie das Votum, dann nur deshalb, weil die Wähler in ihr das kleinere Übel sehen. Eine berechenbare Größe im Vergleich zu einem unsteten Poltergeist, der die Bremse nicht finden kann.

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