Mit dem Stein nach dem Riesen werfen

Saarbrücken · Der Zweite Weltkrieg ist beendet. Der Faschismus hat gewonnen, und nur einige wenige versuchen, zu rebellieren. Davon erzählt Sally Gardner in ihrem Jugendbuch „Zerbrochener Mond“.

Standish Treadwell lebt in einem Dreckloch, in der heruntergekommenen "Zone 7". Hier besitzt niemand etwas, nur den "Müttern der Reinheit” geht es etwas besser. Diese Denunziantinnen melden verdächtige Vorgänge und werden dafür vom Mutterland belohnt - es herrscht über alles und jeden, lässt "unliebsame Subjekte" verschwinden und Panzer durch die Straßen fahren. Nun plant das Mutterland eine Mondlandung, die der gesamten Welt seine Glorie vor Augen führen soll. Alle leben in Angst, auch Standish, dessen Eltern schon lange spurlos verschwunden sind; dennoch beschließt er, sich insgeheim mit dem System anzulegen.

Mit "Zerbrochener Mond” hat die Engländerin Sally Gardner eine Dystopie geschrieben, die davon ausgeht, der Zweite Weltkrieg hätte ein anderes Ende genommen. Der Faschismus hat auf ganzer Linie gesiegt, dumpfe, gewalttätige Unterdrücker kontrollieren die Massen; wer nicht zum System passt, wird aussortiert. Dennoch gibt es immer wieder Unbeugsame, wie Hector und seine Familie, allerdings geraten auch sie in die Fänge der "Rasse der Reinheit". Hectors Vater, ein Wissenschaftler, soll mit an der Mondlandung arbeiten, die letztlich eine große mediale Täuschung ist. Standish weiß vom Schwindel und beschließt, mit einem Stein nach einem Riesen zu werfen.

"Zerbrochener Mond” ist ungeheuer spannungsvoll, mit Szenen, die sich einbrennen: wie ein Lehrer einen Schüler tötet, der ihn ausgelacht hat; wie der gequälte Hector in seiner Zelle auf den Tod wartet und mit welchen Mitteln sich Standish selbstlos gegen das übermächtige System auflehnt. Der Einzelne kann etwas erreichen - aber das Opfer, das er bringen muss, ist groß.

Sally Gardner: Zerbrochener Mond. Carlsen Verlag , 277 Seiten, 16,90 Euro.

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