Mission Kaffeemühle

Saarbrücken. Untenrum Glamrocker der 70er, mit gülden schimmerndem Beinkleid und schweren Stiefeln. Obenrum verwegen wehende Haare und Bartstoppel - dieser Räuber Hotzenplotz (Kostüme: Esther Criado Valladares) ist eher ein drahtiger Pirat der sieben Meere denn ein Kleinkrimineller mit Wohlstandsbauch

 Dimpfelmoser (Marcel Bausch) ist stolz, Hotzenplotz (Georg Mitterstieler) ist hinter Gittern. Die Helden: Seppel (Anna Hopperdietz, 2.v.r.) und Kasper (Ron Zimmering). Foto: Andrea Seifert/Stagepicture

Dimpfelmoser (Marcel Bausch) ist stolz, Hotzenplotz (Georg Mitterstieler) ist hinter Gittern. Die Helden: Seppel (Anna Hopperdietz, 2.v.r.) und Kasper (Ron Zimmering). Foto: Andrea Seifert/Stagepicture

Saarbrücken. Untenrum Glamrocker der 70er, mit gülden schimmerndem Beinkleid und schweren Stiefeln. Obenrum verwegen wehende Haare und Bartstoppel - dieser Räuber Hotzenplotz (Kostüme: Esther Criado Valladares) ist eher ein drahtiger Pirat der sieben Meere denn ein Kleinkrimineller mit Wohlstandsbauch. Kein Wunder, denn eigentlich ist Hotzenplotz nicht Hotzenplotz, sondern der Kunstschütze eines Zirkus, der in Ermangelung eines durchschlagenden Programms - das jonglierende Krokodil ist so übermotiviert wie untertalentiert - die legendäre Geschichte des Räubers spielt. Eine reizvolle Doppelbödigkeit in der Inszenierung von Jörg Wesemüller: So wird für die Zuschauer das Theater selbst zum Thema. Darsteller wechseln Kostüme und Rollen ganz offensichtlich - Marcel Bausch etwa wird vom schnarrenden Zirkusdirektor zur pickelhaubigen Floskelmaschine Dimpfelmoser, während die Bühnenhelfer Requisiten umräumen und fröhlich ins Publikum winken.Im Stück geht Hotzenplotz seiner täglichen, den Erwachsenen im Publikum seit Kindertagen bekannten Arbeit nach: Er stiehlt Kasperls Großmutter die frisch geschenkte Kaffeemühle, worauf sich deren vielleicht etwas schlicht gestrickter, aber couragierter Enkel nebst Freund Seppel auf Räuberjagd macht: mit einer scheinbar goldgefüllten Kiste als Köder und der Titelmusik von "Mission: Impossible" als Motivierungshilfe. Diese Mission wäre schnell erfolgreich beendet, käme es da nicht zu Komplikationen mit dem Zauberer Petrosilius Zwackelmann. Dass die Großmutter am Ende wieder glücklich an ihrer Kaffeemühle drehen kann, ist keine Überraschung. Hier ist der Weg das Ziel - eine bunte, flotte Inszenierung, mit einer fantasievollen, aufwendigen Bühne von Jasna Bosnjak. Bunte Schnüre, die aus dem Himmel herabschweben, machen aus der Manege (mit Rutsche und Turnmatte) einen Wald; der verwandelt sich durch ein aus dem Bühnenkeller hochschwebendes Element zum Zauberschloss mit finsterem Keller. Zudem nebelt es ausführlich, es blitzt und explodiert. Regisseur Wesemüller und Bühnenbildnerin Bosnjak haben vor einem Jahr bei "Der Zauberer von Oz", dem vorigen Weihnachtsstück des SST, zusammengearbeitet - einem Stück, das interessantere, vielschichtigere Figuren geboten hat, die stärker ans Herz gehen. Beim "Hotzenplotz" sind die Figuren flacher, was der Grund sein mag, dass die Regie die äußeren Effekte und das Tempo forciert - dennoch könnte das Stück mit einer All-Inclusive-Laufzeit von zwei Stunden für die Kleinsten recht lang sein (das Theater empfiehlt das Stück ab sechs Jahren). Es gibt eine Rap-Nummer, die von den Kasperl-und-Seppel-Darstellern Anna Hopperdietz und Ron Zimmering viel Gelenkigkeit verlangt. Vela Arnold steuert als "DJ Hotzi" unter einer blinkenden Disco-Kugel Musik bei, zudem tauscht Wesemüller Geschlechterrollen, lässt Gertrud Kohl den Zauberer Zwackelmann spielen, Pit-Jan Lößer die Großmutter und die Fee Amaryllis. Das Resultat ist Geschmackssache: Wirklich bedrohlich wirkt Zwackelmann nicht. Und obwohl Männer in Frauenkleidern fast immer sichere Lacher bringen, wirkt die Idee etwas abgenutzt.

Die lohnendste Rolle hat Georg Mitterstieler als Hotzenplotz, der den großen Auftritt, das böse Getue liebt, oft aber auch wie ein Unverstandener wirkt, der sich an einer Welt rächt, die ihn ignoriert. Hätte man ihm in der Jugend mal ein Buch vorgelesen, vielleicht eines von Otfried Preußler, dann wäre Omas Kaffeemühle manches erspart geblieben.

Termine im November: 10., 11., 12., 14., 15., 16., 17., 18., 25., 28., 29. Im Dezember: 2., 4., 5., 6., 9., 12., 13., 16., 17., 26.

Karten: Tel. (06 81) 309 24 86.

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