Mindestlohn wird akzeptiert

Saarbrücken · Politik und Wirtschaft an der Saar sehen ein Jahr nach Einführung eines flächendeckenden Mindestlohns keine gravierenden Folgen. Allerdings sei es zu früh, Auswirkungen in einzelnen Branchen zu beurteilen.

. Die Einführung eines flächendeckenden Mindestlohnes von 8,50 Euro hat vor seiner Einführung zum 1. Januar 2015 monatelang die Diskussion in Politik und Medien bestimmt. Ein Jahr nach seiner Einführung scheint Normalität eingekehrt zu sein. "Negativ-Vorurteile haben sich nicht bestätigt. Es ist nicht zu einem Personalabbau in den Unternehmen gekommen", sagte gestern DGB-Landeschef Eugen Roth unserer Zeitung. Der künftige Hauptgeschäftsführer der Saar-IHK, Heino Klingen, warnt dagegen vor einer zu frühen Beurteilung der Auswirkungen. Zwar sieht auch er "gegenwärtig nicht, dass der Mindestlohn der Beschäftigung geschadet hat". Allerdings müsse sich jeder Arbeitsplatz erwirtschaften. Deshalb sei zu befürchten, dass viele Betriebe mittelfristig Arbeitsplätze in unteren Lohngruppen eher automatisieren. Wo ein Arbeitsplatz nicht eine Wertschöpfung von 8,50 Euro erbringt, müsse damit gerechnet werden, "dass solche Arbeitsplätze vernichtet werden".

Für den Gewerkschafter Roth stellt der Mindestlohn hingegen sicher, "dass die Würde der Erwerbsarbeit auch in den unteren Lohngruppen erhalten bleibt". Nach Beobachtungen von Bernd Wegner , dem Präsidenten der Handwerkskammer (HWK) des Saarlandes, hat der Mindestlohn kaum Auswirkungen auf das Handwerk. Als letzte Branche habe die Friseurinnung die Löhne entsprechend angepasst. In der Regel werde im Handwerk ohnehin ein höherer Tariflohn gezahlt.

Eine Einschränkung macht der Kammer-Präsident allerdings. Der Mindestlohn könne nicht an Flüchtlinge gezahlt werden. Es bedeute einen großen Aufwand für Unternehmen, Flüchtlingen eine qualifizierte Sprachausbildung und eine fachliche Ausbildung in den Betrieben zukommen zu lassen. Die Hilfsbereitschaft an der Saar sei sehr hoch, aber auch der Einsatz von Flüchtlingen müsse sich für Unternehmen wirtschaftlich rechnen. "Dieses Problem muss die Politik lösen", so Wegner.

Die Einführung des Mindestlohnes begrüßt ausdrücklich Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD ). Der flächendeckende gesetzliche Mindestlohn ist ihrer Ansicht nach "ein klares Signal gegen Lohndumping und Wettbewerbsverzerrung. Er ist aber auch ein Zeichen der Fairness gegenüber den Menschen, die hart arbeiten, aber wenig in der Lohntüte haben", so die Ministerin gestern. Sie verstehe es "als einen zentralen politischen Auftrag, auch denen die Teilhabe an der guten wirtschaftlichen Entwicklung zu ermöglichen, die weniger verdienen". Ihr Fazit: "Viele, die den Mindestlohn zu einer Katastrophe erklärt hatten, müssen nach einem Jahr erkennen, dass sie auf dem Holzweg waren."

Der wirtschaftspolitische Sprecher der Saar-Linken, Heinz Bierbaum, denkt, dass der Mindestlohn in den meisten Unternehmen und in der Öffentlichkeit als etwas Normales angekommen ist. Bierbaum: "Ich glaube, das Thema ist durch." Spürbare negative Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt habe es nicht gegeben. Allerdings diskutiere die Linke noch über die nötige Höhe des Mindestlohnes. Die Partei spreche sich mehrheitlich für zehn Euro aus. "Ich glaube auch nicht, dass ein Mindestlohn von zehn Euro große Auswirkungen hätte", sagt Bierbaum.

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