Merzig setzt auf Gesundheit

Merzig · Die Wirtschaftsstrukturen in den saarländischen Städten und Gemeinden verändern sich. Neue Arbeitsplätze entstehen, alte fallen weg. In einer losen Reihe wollen wir einige Kommunen und ihren wirtschaftlichen Wandel vorstellen. Heute: die Stadt Merzig.

 Größtes Merziger Unternehmen im Gesundheitsbereich ist der Arzneimittel-Importeur Kohlpharma. Foto: Kohlpharma

Größtes Merziger Unternehmen im Gesundheitsbereich ist der Arzneimittel-Importeur Kohlpharma. Foto: Kohlpharma

Foto: Kohlpharma

Es könnte auch als Lob für seinen Amts-Vorgänger Alfons Lauer (SPD ) verstanden werden. Jedenfalls hat der Merziger Bürgermeister Marcus Hoffeld (CDU ) "ein gut bestelltes Haus" übernommen. Seit Anfang des Jahres steht der Sparkassen-Betriebswirt an der Verwaltungsspitze der Kreisstadt mit seinen knapp 30 000 Einwohnern.

In Zukunft will er zwei Strategien verfolgen, um den Wirtschaftsstandort Merzig attraktiv zu halten. Zum einen zielt er auf den Bereich Gesundheit, zum anderen möchte er den Tourismus nach vorne bringen. Beim Ersteren hat er bereits einige Platzhirsche. Zum Beispiel die 1979 von dem Unternehmer Edwin Kohl gegründete Firma Kohlpharma . Sie hat sich zum marktführenden Arzneimittel-Importeur in Europa gemausert, beschäftigt rund 800 Mitarbeiter und erwirtschaftet einen Jahresumsatz von 840 Millionen Euro. Kohl hatte auch die Firma Assist gegründet, die chronisch kranke und pflegebedürftige Patienten ambulant mit Produkten versorgt. 2011 wurde Assist an die niederländische Mediq AG verkauft. Bei der Vertragsunterzeichnung versicherten die neuen Eigentümer, dass der Standort Merzig erhalten bleiben und sogar ausgebaut werden soll. Assist beschäftigt rund 350 Mitarbeiter. Aus diesem Umfeld heraus wurde vor Jahresfrist außerdem die Firma Publi-Care Plus gegründet, die zur Kölner Unternehmensgruppe Publi-Care gehört und an der Saar inzwischen knapp 20 Mitarbeiter beschäftigt.

Ein großer Arbeitgeber im Gesundheitsbereich ist auch das SHG-Klinikum Merzig , das als zentrales Krankenhaus der Region mit seinen rund 900 Mitarbeitern "von großer Bedeutung für den Gesundheitsstandort Merzig ist". Darüber hinaus plant die Krankenkasse Barmer GEK, in Merzig ein neues Call-Center ins Leben zu rufen. Dort sollen ab Sommer 2016 bis zu 200 Sozialversicherungs-Fachangestellte die Versicherten im südwestdeutschen Raum rund um die Uhr beraten. Jetzt suchen Stadtverwaltung und Investoren nach einem geeigneten Standort.

Am liebsten wäre es Bürgermeister Hoffeld , wenn sich der Gesundheitsbereich mit seinem zweiten wirtschaftlichen Ziehkind, dem Tourismus, verzahnen ließ. Pfunde, mit denen er wuchern will, sind die Heilquelle im Stadtteil Bietzen, die die Heilwasser für Trink- und Badekuren bietet, aber auch die Saline im Stadtpark Merzig . Der auf vier Rundkurse erweiterte Nordic-Walking-Park und ein gut ausgebautes Rad- und Wanderwegenetz sollen Gäste anlocken. Ihm schwebt vor, den Stadtpark mit dem Sport- und Freizeit-Areal auf der anderen Seite der Saar mit einer Fußgänger-Brücke über den Fluss zu verbinden. Dort befinden sich "Das Bad" mit Schwimm- und Sauna-Landschaft, Tennisplätze und der Wassersport-Bereich.

Große Tradition hat in Merzig die Keramik. Mit V&B Fliesen "beheimaten wir in der Stadt ein Unternehmen mit Weltgeltung", sagt Hoffeld . Ähnliches gilt auch für den Kugelhahn-Hersteller Zentgraf. Bekannt wurde die Stadt außerdem durch den Werbespruch "Merziger macht herziger", der nach wie vor für hochwertige Fruchtsäfte steht. In der Kreisstadt ist heute nur noch die Tucano-Holding angesiedelt, die die Marke Merziger in ihrem Produkt-Portfolio hat. Abgefüllt werden die Säfte inzwischen im pfälzischen Lauterecken.

Sorge bereitet Hoffeld das Drahtcord-Gelände, das nach der Schließung des Reifendraht-Werks verwaist ist. Die Stadt würde das Gelände gerne kaufen, aber der Reifenkonzern Pirelli als Eigentümer "hat immer noch Preisvorstellungen, die wir nicht akzeptieren können". Außerdem fehlen Gewerbegebiete, "da wir viele Anfragen von Investoren haben". Einige Areale werden auf ihre Eignung hin überprüft.

Als Einkaufsstadt sieht Bürgermeister Hoffeld Merzig gut positioniert. "Wir haben kaum Leerstände und viele Geschäfte, die schon in der zweiten und dritten Generation von den gleichen Familien geführt werden", sagt er. Herzstück der Fußgängerzone ist die Poststraße. Hoffeld schwebt vor, die innerstädtischen Teile links und rechts des Seffersbachs, der sich durch die Kleinstadt schlängelt, noch stärker miteinander zu verzahnen. Am Bach passiert schon einiges. So baut ein Investor ein Dutzend neue Wohnungen dorthin, wo vorher das Gebäude einer Glaserei lange leerstand.

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