Merkel dämpft Erwartung an Euro-Sonder-Gipfel

Berlin/Brüssel. Kurz vor dem Euro-Sondergipfel hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Hoffnungen auf durchgreifende Entscheidungen für die eskalierende Euro-Schuldenkrise gedämpft. Das Euro-Stabilitätsproblem sei nicht mit "einem spektakulären Schritt" zu lösen

Berlin/Brüssel. Kurz vor dem Euro-Sondergipfel hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Hoffnungen auf durchgreifende Entscheidungen für die eskalierende Euro-Schuldenkrise gedämpft. Das Euro-Stabilitätsproblem sei nicht mit "einem spektakulären Schritt" zu lösen. Es bedürfe vielmehr eines "kontrollierten und beherrschbaren Prozesses", sagte Merkel gestern in Hannover. Vom Euro-Gipfel der Staats- und Regierungschefs morgen in Brüssel sei kein solcher "abschließender großer Schritt" zu erwarten.An den Finanzmärkten wirkten die Äußerungen wie eine kalte Dusche; heftige Kursreaktionen blieben aber aus. Von dem Krisengipfel werden Beschlüsse zu einem zweiten Hilfspaket für das pleitebedrohte Athen erhofft, aber auch eindeutige Signale zur Lösung der eskalierenden Euro-Schuldenkrise. In den Streit um eine Bankenbeteiligung kommt kurz vor dem Gipfel aber offensichtlich Bewegung. Wie EU-Diplomaten berichteten, sind die Euroländer um eine Entschärfung des Konflikts bemüht. Es gebe wachsende Unterstützung für eine Finanzsteuer, die allen Banken auferlegt werden könnte. Damit solle vermieden werden, dass Ratingagenturen einen kompletten oder teilweisen Zahlungsausfall Griechenland ausrufen. Allerdings gilt solch ein Modell nicht als kurzfristig umsetzbar, da es erst in den Mitgliedstaaten rechtlich verankert werden müsste.

Außerdem zeichne sich ab, dass ein neues Griechenland-Paket ein ganzes Bündel von Maßnahmen umfassen werde. Dazu könnten beispielsweise Kredite des europäischen Rettungsfonds EFSF gehören, eine Verlängerung bestehender Kredite, Maßnahmen zur Verringerung des griechischen Schuldenbergs wie etwa ein Anleihenrückkauf oder die Finanzsteuer.

Die fünf Wirtschaftsweisen fordern in einem Appell an die Bundesregierung einen Schuldenschnitt für Griechenland, sonst drohten immer neue Stützungsprogramme und ein Auseinanderbrechen der Währungsunion. "Anzustreben ist ein Schuldenschnitt auf die ausstehenden Anleihen um etwa 50 Prozent. Dadurch würde der Schuldenstand von 160 Prozent (vom Bruttoinlandsprodukt) auf etwa 106 Prozent sinken", heißt in einem gemeinsamen Beitrag in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Zugleich sollten Banken griechische Anleihen in solche des Euro-Rettungsfonds EFSF tauschen können. Es ist laut FAZ das erste Mal, dass alle fünf Mitglieder des Sachverständigenrats, Wolfgang Franz, Peter Bofinger, Lars P. Feld, Christoph M. Schmidt und Beatrice Weder di Mauro, sich gemeinsam zur Euro-Krise äußern.

Deutsche Finanzexperten befürchten inzwischen, dass die Schuldenkrise den Konjunkturmotor abwürgen könnte. Ihre Konjunkturzuversicht trübte sich im Juli erneut ein - zum fünften Mal in Folge, wie das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim berichtete.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort