Mehr Geld für Stahlkocher im Westen

Düsseldorf/Saarbrücken. Tarifeinigung nach hartem Ringen: Die rund 75 000 Stahlkocher in Nordwestdeutschland sollen ab dem 1. Dezember 3,8 Prozent mehr Geld erhalten. Zum Knackpunkt der fast zwölfstündigen Verhandlungen in Düsseldorf, wurde jedoch die von der Gewerkschaft geforderte Übernahme der Auszubildenden

Düsseldorf/Saarbrücken. Tarifeinigung nach hartem Ringen: Die rund 75 000 Stahlkocher in Nordwestdeutschland sollen ab dem 1. Dezember 3,8 Prozent mehr Geld erhalten. Zum Knackpunkt der fast zwölfstündigen Verhandlungen in Düsseldorf, wurde jedoch die von der Gewerkschaft geforderte Übernahme der Auszubildenden. Arbeitgeber und Gewerkschaft einigten sich schließlich auf eine grundsätzlich unbefristete Übernahmeregelung, die jedoch Ausnahmen zulässt.IG Metall-Verhandlungsführer Oliver Burkhard wertete das Tarifergebnis für die Stahlkocher in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Bremen als Durchbruch. "Das war eine schwere Geburt", sagte er. Die IG Metall war mit einer Forderung von sieben Prozent mehr Geld in die Gespräche gegangen. Noch kurz vor der entscheidenden dritten Tarifrunde hatte die IG Metall den Druck auf die Arbeitgeber massiv erhöht und mit weiteren Warnstreiks gedroht. Die Tarifkommission der Gewerkschaft soll am kommenden Mittwoch über die Annahme des Tarifabschlusses entscheiden. Zuvor soll das Ergebnis in den Betrieben diskutiert werden. Von der Verpflichtung zur Übernahme aller Auszubildenden sollen die Arbeitgeber bei einer Ausbildung über Bedarf ebenso freigestellt werden wie bei akuten Beschäftigungsproblemen. Die Entscheidung darüber soll jedoch gemeinsam mit den Betriebsräten getroffen werden. Burkhard wertete das als eine Ausweitung der Mitbestimmung. Konfliktfälle sollen im Zweifel durch eine tarifvertragliche Einigungsstelle entschieden werden.

"Erstmals ist es gelungen, die unbefristete Übernahme zur Regel zu machen", sagte Burkhard. "Die Vereinbarung zur Übernahme der Ausgebildeten bietet den Unternehmen ausreichende Möglichkeiten, die bisherige Ausbildungspraxis beizubehalten und dennoch die Übernahme bedarfsgerecht zu gestalten", sagte der Vorsitzende des Arbeitgeberverbandes Stahl, Helmut Koch. Der IG Metall-Bezirksleiter für Niedersachsen und Sachsen-Anhalt, Hartmut Meine, forderte die Arbeitgeber auch in der Metall- und Elektroindustrie auf, sich an der Vereinbarung ein Beispiel zu nehmen. Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall verwies in Berlin auf die besonderen Bedingungen in der Stahlindustrie, die sich deutlich von denen der Metall- und Elektroindustrie unterschieden. Der Abschluss könne daher nicht als Vorbild für die größere Branche dienen, erklärte ein Gesamtmetall-Sprecher.

Einschließlich eines sogenannten Leermonats ab dem 1. November 2011 hat der Tarifvertrag eine Laufzeit von insgesamt 16 Monaten. Die vereinbarte Tariferhöhung tritt damit zum 1.Dezember in Kraft. Die Einigung sei auch finanzierbar für die Unternehmen, sagte Burkhard. Bei der Altersteilzeit wurde der geltende Tarifvertrag verlängert und eine Aufstockung des Arbeitgeberbeitrags zur Rentenversicherung von 95 auf 100 Prozent vereinbart.

Die Tarifverhandlungen für die saarländische Stahlindustrie beginnen im Januar. Noch halten sich die Tarifparteien zurück. "Wir prüfen dieses Ergebnis erst", sagen sowohl Albert Hettrich, Präsident des Verbandes der Saarhütten, als auch Robert Hiry, 1. Bevollmächtigter der IG Metall-Verwaltungsstelle Völklingen. Der Tarifvertrag für die Saar-Stahlindustrie läuft Ende Januar aus. dpa/low

Meinung

Kein Pilotabschluss für andere

Von SZ-RedakteurLothar Warscheid

Der Tarifabschluss in der Stahlindustrie von Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Bremen ist nach hartem Ringen unter Dach und Fach. Herausgekommen ist ein klassischer Kompromiss. Auch die vereinbarte Übernahme der Auszubildenden ist flexibel angelegt und orientiert sich an der konjunkturellen Situation. Andererseits muss der Stahlindustrie daran gelegen sein, auch für die kommenden Jahrzehnte genügend Nachwuchs zu haben. Für die Verhandlungen in der Metall- und Elektroindustrie, die Ende März beginnen, hat dieser Abschluss nur bedingt einen Pilotcharakter. Während in der Stahlindustrie Großunternehmen dominieren, sind Metallverarbeiter eher mittelständisch strukturiert. Außerdem muss man abwarten, wie sich die Konjunktur in den kommenden Monaten entwickelt.

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