Mehr als nur Muttersöhnchen

Saarlouis. "Ödipus ist viel mehr als das, was man seit Sigmund Freund mit dem Stichwort Ödipus verbindet", sagt Joachim Fontaine. Es sei "eine Geschichte mit Hoffnung, Wut, Trauer, Verzweiflung - aber einem versöhnlichen Ende"

 Christa Ratzenböck singt die Antigone. Foto: SZ

Christa Ratzenböck singt die Antigone. Foto: SZ

Saarlouis. "Ödipus ist viel mehr als das, was man seit Sigmund Freund mit dem Stichwort Ödipus verbindet", sagt Joachim Fontaine. Es sei "eine Geschichte mit Hoffnung, Wut, Trauer, Verzweiflung - aber einem versöhnlichen Ende". Der Titel "Ödipus auf Kolonos" lässt ahnen, dass es sich nicht um das bekannte Drama handelt, sondern um eine "Nachgeschichte", die beginnt, als Ödipus bereits blind ist.Die Kantorei Saarlouis und das Sinfonieorchester "La Grande Société Philharmonique" führen das lange verschollene Werk am Sonntag in der Evangelischen Kirche Saarlouis auf. "Die Erstaufführung in der Orginalfassung", wie Leiter Joachim Fontaine betont, der schon vor zwei Jahren ein glückliches Händchen bei der Auswahl eines Werks von Louis Théodore Gouvy bewies: Die "Iphigenie"-Aufnahme der Kantorei 2006 erhielt den renommierten Preis der Academie du Disque in Paris.

Bei der Uraufführung 1881 stellte das Gewandhaus Leipzig den Saal sogar kostenlos. Für den aus Saarbrücken stammenden Komponisten der "glücklichste Tag" seines Lebens. Gouvy war vor Berlioz und anderen seinerzeit der meistgespielte ausländische Komponist in der Musikmetropole Leipzig.

"Die fantastische Musik", nennt Fontaine als einen der Gründe, das Stück auszugraben: "Gouvy ist ein Meister in der Behandlung der Chöre, der Solo-Szenen und des Orchesters. Dafür lobten ihn damals alle: die Presse und die Komponistenkollegen wie Liszt." Auch geht es Fontaine um "historische Gerechtigkeit": Gouvy sei nicht wegen mangelnder Qualität in Vergessenheit geraten, sondern aus Nationalismus: "Nach seinem Tod 1898 hielten die Deutschen ihn für einen Franzosen und umgekehrt."

Für das Konzert und die SR-Aufnahme gewann Fontaine internationale Solisten: die Sopranistin Christa Ratzenböck aus Graz, Vinzenz Haab aus Saarlouis, Stephen Roberts und Joseph Cornwell aus London. Ein solches Projekt sei nur mit Partnern möglich, sagt Fontaine, dem Landkreis Saarlouis, der Evangelischen Kirchengemeinde Saarlouis, der Akademie für Alte Musik und weiteren. Er verspricht "ein süffiges, romantisches Klanggemälde mit packenden Massenszenen und Solopartien von elegischer Klage - bis hin zu Wahnvisionen, von Wagner beeinflusst."

Termin: Sonntag, 20 Uhr, Evangelische Kirche Saarlouis, Eintritt 15, ermäßigt 10 Euro. Karten gibt es im Evangelischen Gemeindebüro Saarlouis, Stadt-Info Saarlouis und an der Abendkasse.

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