Mehdorn verliert Rückhalt

Berlin. Wer etwas über die Schwere der Vorwürfe gegen Bahnchef Hartmut Mehdorn und seine Vorstandskollegen wissen wollte, brauchte nur ins Gesicht von Verkehrsstaatssekretär Achim Großmann (SPD) schauen. Großmann hat Mehdorn in der Vergangenheit in schwierigen Situationen oft energisch verteidigt

Berlin. Wer etwas über die Schwere der Vorwürfe gegen Bahnchef Hartmut Mehdorn und seine Vorstandskollegen wissen wollte, brauchte nur ins Gesicht von Verkehrsstaatssekretär Achim Großmann (SPD) schauen. Großmann hat Mehdorn in der Vergangenheit in schwierigen Situationen oft energisch verteidigt. Doch als er am Freitagnachmittag nach der Bahn-Aufsichtsratssitzung aus dem DB-Tower kam, wirkte Großmann matt. Stundenlang hatte er sich die Berichte der Sonderermittler zur Datenaffäre angehört und mit den anderen Aufsichtsräten über die Konsequenzen diskutiert. Nicht nur die Daten von Mitarbeitern sollen systematisch zur Korruptionsbekämpfung mit denen von Lieferanten abgeglichen, sondern auch der E-Mail-Verkehr von Mitarbeitern mit Journalisten und Wissenschaftler ausgespäht. worden sein. "Die Vorwürfe sind sehr bedrückend. Wenn sie sich nicht entkräften lassen, ist das Unternehmen in einer schwierigen Lage", sagte Großmann. Damit hat er sich noch vorsichtig ausgedrückt. Angeblich hatte Großmann kurz zuvor im Aufsichtsrat Mehdorns Rücktritt gefordert. Der Vorstoß scheiterte auch deshalb, weil sich offenbar ein Staatssekretär des CDU-geführten Wirtschaftsministeriums dagegen wandte. Union in der KlemmeDie Unionsfraktionen stecken in einer Klemme: Stürzt Mehdorn jetzt, hat mit Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee ein SPD-Mann das Vorschlagsrecht für einen Nachfolger, mit dem die Union nach der Bundestagswahl in einer anderen Regierungskonstellation jahrelang leben müsste.Die Gewerkschaften Transnet, GDBA und die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) lassen Mehdorn fallen und forderten dessen Rücktritt: "Mehdorn muss seinen Hut nehmen, wenn er das nicht tut, muss der Eigentümer eingreifen", sagte GDBA-Chef Klaus-Dieter Hommel. Transnet-Chef Alexander Kirchner nannte "personelle Konsequenzen unumgänglich". "Wir sind der Meinung, dass auch gegen rechtliche Bestimmungen verstoßen wurde und der Vorstand dafür die politische Verantwortung tragen muss." Der angegriffene Bahnchef habe während der Sitzung erneut beteuert, er habe von diesen Vorgängen nichts gewusst und der Vorstand habe auch keine entsprechenden Aufträge erteilt. Die Gewerkschafter zeigten sich da skeptisch. Der Bahnchef erteilte persönlichen Konsequenzen eine Absage: "Jetzt wird mein Rücktritt gefordert", sagte er. "Hierfür, das sage ich ganz offen, stehe ich nicht zur Verfügung." Gleichzeitig wurde allerdings immer deutlicher, dass sowohl seine eigene Position als auch die juristischen Fragen für Mehdorns Zukunft zunehmend weniger relevant sein dürften. Doch die Unterstützung für ihn bröckelte rasant. Auch Verkehrsminister Tiefensee sagte: "Wenn sich die Vorwürfe bestätigen, wird es ganz schwer."

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