Man mag, was man kennt

Saarbrücken. Der US-Kinosommer lädt stets zu kulturpessimistischen Kritiker-Arien ein. Es stimmt ja auch: Fortsetzungen, Neuverfilmungen, Adaptionen bekannter Romane, Comics, TV-Serien, sogar Kinderspiele bestreiten die lukrativen Sommermonate. Eine der verblüffendsten Versuche, sich an Bewährtem festzukrallen, ist "The amazing spider-man", der morgen bei uns startet

Saarbrücken. Der US-Kinosommer lädt stets zu kulturpessimistischen Kritiker-Arien ein. Es stimmt ja auch: Fortsetzungen, Neuverfilmungen, Adaptionen bekannter Romane, Comics, TV-Serien, sogar Kinderspiele bestreiten die lukrativen Sommermonate. Eine der verblüffendsten Versuche, sich an Bewährtem festzukrallen, ist "The amazing spider-man", der morgen bei uns startet. Denn der Film ist ein "Reboot", das Wiederaufwärmen einer älteren Kinoreihe - wie 2011 geschehen bei der Mutantensaga "X-men", bei der man statt eines vierten Teils einfach die Jugend der Helden erzählte und damit wiederum eine neue Reihe einläutete. "The amazing spiderman" folgt jetzt des Spinnenmannes erster Trilogie (2002, 2004, 2007), deren letzter Teil also gerade mal fünf Jahre alt ist. Der neue Film erzählt nun mit neuem Darsteller noch einmal, wie der Held zu seinen Fähigkeiten kommt und mit ihnen leben lernt - also das, was der erste Teil von 2002 auf die Leinwand brachte. Hollywood glaubt nicht ans Langzeitgedächtnis. Warum bringt man nicht gleich die alte Trilogie noch einmal ins Kino, nur zur Abwechslung mit neuem Plakat und neuem Werbe-Spielzeug für die Juniortüte einer Fastfood-Kette - die, wie kürzlich ruchbar geworden, im Saarland sogar staatlich gefördert werden könnte?Man mag die Risiko-Armut der Hollywood-Großfilme bespötteln. Aber was täte man selbst als Studioleiter, dessen Arbeitsplatz vom Kassensturz nach dem Startwochenende abhängt? Lieber ein Projekt bewilligen, dessen potenzielles Zielpublikum relativ berechenbar ist (wegen Fortsetzung, Neuverfilmung etc.)? Oder einen Stoff finanzieren, bei dem nicht jedem Kinogänger beim Blick aufs Plakat sofort klar wird, worum es geht? Filme letzterer Kategorie wurden gerade zu Millionengräbern. Für "John Carter", der Verfilmung einer betagten Buchreihe des "Tarzan"-Erfinders Edgar Rice Burroughs, engagierte Disney den Regisseur Andrew Stanton ("Findet Nemo!", "Wall-E"). Sein Film verschlang 250 Millionen Dollar Produktionskosten (von den Marketing-Millionen nicht zu reden) und spielte in den USA katastrophale 73 Millionen ein. Analysten sehen die Ursache nicht in der Qualität, sondern in der schweren Vermarktbarkeit - keine Wiedererkennung eben. "Battleship" ist die zweite Leiche: 210 Millionen teuer, mit bewährten außerdirdischen Invasoren, Krawallszenen und "Transformers"-Optik. Doch der Film ging mit seinen Schlachtschiffen baden, wobei die Analysten dafür den großen Gewinner des Kinosommers verantwortlich machen: "The avengers", der marketingmäßig alles richtig macht, indem er nahezu alle bewährten Superhelden der vergangenen Jahre in einen Film steckt. Mehr Wiedererkennbarkeit geht kaum - 600 Millionen Dollar hat der gut gemachte Film bisher eingespielt. Wieviel hätte er eingespielt, wenn er schlechter wäre? Nur 500 Millionen?

Anscheinend panisch angesichts der Konkurrenz hat das Studio Paramount derweil den zweiten Teil von "G.I. Joe" überraschend (die Werbekampagne hatte schon begonnen) vom Sommer ins nächste Jahr verschoben. Sogar als Fortsetzung kann man sich nicht mehr sicher fühlen.

"The amazing spider-man" startet morgen fast überall.

Auf einen Blick

Die anderen neuen Filme: Die Camera Zwo (Sb) zeigt die Dokumentationen "Ai Weiwei: Never sorry" über den chinesischen Künstler und "Buck - der wahre Pferdeflüsterer"; im Filmhaus (Sb) laufen die Doku "Gangsterläufer" über die kriminelle Karriere eines Jugendlichen und "Marieke und die Männer" über eine Frau auf Sinnsuche. red

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