"Man kann sich nicht immer auf die Sprache verlassen"

Saarbrücken. Ob sie sich mehr als Deutsche fühlt oder als Georgierin? Das ist die Frage, die man sich verkneift, wenn man Nino Haratischwili trifft. In Tbilisi geboren und aufgewachsen, zog sie mit 12 Jahren zum ersten Mal mit ihrer Mutter nach Deutschland, ging allein zurück und kam mit 20 wieder. Um an der renommierten Theaterakademie Hamburg Regie zu studieren

Saarbrücken. Ob sie sich mehr als Deutsche fühlt oder als Georgierin? Das ist die Frage, die man sich verkneift, wenn man Nino Haratischwili trifft. In Tbilisi geboren und aufgewachsen, zog sie mit 12 Jahren zum ersten Mal mit ihrer Mutter nach Deutschland, ging allein zurück und kam mit 20 wieder. Um an der renommierten Theaterakademie Hamburg Regie zu studieren. Weil sie mit dem Filmregie-Studium, das sie vorher in Tbilisi absolviert hatte, nicht zufrieden gewesen sei und sowieso lieber zum Theater wollte, sagt die 28-Jährige. Dass sie dabei zwischen zwei Kulturen und Sprachen wechselte, scheint ihr nicht der Rede wert.Als "Ausnahmetalent" wurde Haratischwili für ihren jüngst erschienenen zweiten Roman "Der sanfte Zwilling" gelobt; den schrieb sie, wie auch ihre bereits zahlreichen Theaterstücke "natürlich" auf Deutsch. "Ich lebe doch seit acht Jahren hier und bin in der deutschen Sprache zu Hause, da wäre es komisch, auf Georgisch zu schreiben", befindet sie in einem Ton, der keinen Zweifel zulässt. Ein Glücksfall ist Haratischwili somit für Staatstheater-Intendantin Dagmar Schlingmann und ihre Chefdramaturgin Ursula Thinnes, die schon lange nach einer Möglichkeit suchten, die deutsch-georgische Partnerschaft des Staatstheaters neu zu beleben. Ein zweisprachiges Stück, ein deutsch-georgisches Schauspielensemble hätten die Beiden gern auf der Bühne - für Haratschwili kein Problem. Sie setzte sich einfach hin und verfasste "Kokoro - Herz aller Dinge": ein Episodenstück über neun Deutsche, Georgier, Heimatlose, deren Beziehungen sich nach und nach enthüllen. Drei georgische Schauspielerinnen brachte sie mit. In zwei Sprachen spielen zu lassen, das findet die Haratischwili "einfach super", viel zu selten würde das auf dem Theater probiert. Wenn man ein Wort nicht verstehe, mache das nichts, weil es ja anderes gebe, Emotionen, die sich vermittelten. Die Schauspieler wiederum würden dabei mehr gezwungen, sich auf die Frage zu konzentrieren, was das Wesentliche sei und auf Gestik und Mimik. "Denn man kann sich da nicht immer auf die Sprache verlassen", sagt Haratischwili, die schon in ihrer Tbiliser Schulzeit mit einer deutsch-georgischen Theatergruppe eigene Stücke inszenierte und in Saarbrücken "natürlich" auch die Regie führt. "Ich werde meist im Doppelpack gebucht", sagt sie. "Kokoro", das in der Alten Feuerwache uraufgeführt wird, soll später auch in Georgien gezeigt werden.

Nur eines bedauert die Hamburgerin bei ihrem ersten Besuch des Saarlandes: Dass sie keine Zeit hat, sich die Gegend anzusehen, nach Straßburg und Luxemburg zu fahren. Sie wird wiederkommen müssen.

Uraufführung: Samstag,

19.30 Uhr, Alte Feuerwache.

Tel. (06 81) 309 24 86.

Foto: Staatstheater

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