Luxemburgische Lyrikverständigung

Saarbrücken. Wahrscheinlich kann es eine solche, aufwändig erstellte und gedruckte Literaturzeitschrift nur in einem noch großzügig alimentierenden (und dreisprachigen) Land wie Luxemburg geben

Saarbrücken. Wahrscheinlich kann es eine solche, aufwändig erstellte und gedruckte Literaturzeitschrift nur in einem noch großzügig alimentierenden (und dreisprachigen) Land wie Luxemburg geben. "transkrit" ist nicht nur konsequent zweisprachig und pflegt das bis in die Feuilletons hinein stiefmütterlich behandelte Feld literarischer Übersetzung, sondern sie verschreibt sich auch nahezu ausschließlich der Lyrik - die wie Blei in Buchhandlungen liegt, aber eine Art Minderheitenschutz genießt.Umso verdienstvoller ist, dass die Anfang 2009 begründete, einzige reine Literaturzeitschrift in Luxemburg fortbesteht - bislang drei Ausgaben in einer Auflage von je 500 Exemplaren, die in der Großregion bis dato nur sehr unzureichend gestreut wurden.

Die Distributionsprobleme der Zeitschrift, die sträflicherweise über keine eigene Internetseite verfügt, waren denn auch ein Hauptaspekt der anschließenden Diskussion anlässlich der Vorstellung von "transkrit" am Montagabend im Saarländischen Künstlerhaus, verbunden mit einer Lesung der luxemburgischen Autoren Jean Krier und Tom Nisse. Jerôme Netgen, Teil der achtköpfigen Redaktion, machte deutlich, dass es kaum ernstzunehmende Buchhandlungen im Großherzogtum gebe und der Vertrieb über den Escher Verlag Éditions Phi nicht funktioniere. Weshalb Künstlerhaus-Vorstand Dirk Bubel anbot, Exemplare der Zeitschrift zu kommissionieren und auf der Internetseite des Künstlerhauses einen "transkrit"-Link einzurichten. Mal sehen, ob das dort (und beim VS Saar, dessen Vorsitzender Klaus Behringer per Kopfnicken gleiches in Aussicht stellte) dann auch passiert.

Der Gründung der Zeitschrift voraus gingen regelmäßige Lyrikabende in der Escher Kulturfabrik mit internationalen Autoren und ermutigender Resonanz, erklärt Netgen.

Konzeptionell fußt "transkrit" auf vier Säulen: 1) Geradezu programmatisch reklamiert man für sich eine Vermittlerrolle "zwischen den großen Kulturnationen Frankreich und Deutschland" - getreu dem alten luxemburgischen Schnittstellen-Selbstverständnis. Weil dabei Übersetzungen naturgemäß "das A und O" (Netgen) sind, gibt man 2) in Original und Übersetzung Werkproben arrivierter Lyriker aus beiden Nationen, die im jeweiligen Nachbarland jedoch Unbekannte sind (auf französischer Seite waren dies in den ersten Ausgaben Bernard Noël, Michel Deguy und Marie-Claire Bancquart, auf deutscher Volker Braun, Durs Grünbein und Ulrike Draesner). Daneben hat sich "transkrit" 3) der Pflege des luxemburgischen Literaturerbes sowie aktueller dortiger Produktionen (vorgestellt in der Rubrik "Coups de cur") verschrieben - was auch Kriterium für die ministerielle Förderung war. Eine Fotostrecke (wohltuend in Schwarzweiß gehalten) stellt 4) ausgewählte Fotografen vor.

"Herzens Lust Spiele" heißt der Band, aus dem Chamisso-Preisträger Jean Krier am Montag (neben Tom Nisse) gelesen hat. Das würde auch als "transkrit"-Motto durchgehen. cis

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