Lüften oder Bauschäden?

Saarbrücken. Schimmel in der Wohnung ist für Mieter und Vermieter ein Reizthema. Weil die Sporen zu Allergien, Infektionen und Asthma führen können, reagieren Mieter höchst verärgert, wenn an einzelnen Wänden Schimmelbefall auftritt. Doch die Frage nach der Ursache ist nicht so einfach zu beanworten

Saarbrücken. Schimmel in der Wohnung ist für Mieter und Vermieter ein Reizthema. Weil die Sporen zu Allergien, Infektionen und Asthma führen können, reagieren Mieter höchst verärgert, wenn an einzelnen Wänden Schimmelbefall auftritt. Doch die Frage nach der Ursache ist nicht so einfach zu beanworten. Während der Mieter bauliche Mängel ins Feld führt, wirft der Vermieter den Bewohnern schlechtes Lüftungsverhalten vor. Nicht selten landen diese Streitigkeiten vor Gericht. Häufig sind es mehrere Faktoren, die die Schimmelbildung begünstigen. Entstehen durch bauliche Mängel in einer insgesamt gut gedämmten Wohnung kalte Wandflächen, schlägt sich an diesen bevorzugt Feuchtigkeit nieder - ab einer Luftfeuchtigkeit von 80 Prozent besteht Schimmelgefahr. Doch auch hinter Möbeln an Außenwänden kann sich leicht Schimmel bilden, denn diese wirken wie eine Isolierung und lassen die dahinter liegende Wand abkühlen. Tendenziell stellen sich die Gerichte in ihren Urteilen auf die Seite der Mieter. So urteilte das Landgericht München (AZ: 4 S 62/06), dass bei Schimmel der Mieter Anspruch darauf hat, dass der Schaden ersetzt und eine Außendämmung angebracht wird. Die Begründung, der Mieter hätte die Möbel nicht direkt an die Wand stellen dürfen, greift demnach nicht. Die Urteile entbinden den Mieter allerdings nicht von der Pflicht, ordnungsgemäß zu Lüften. Als ordnungsgemäß bezeichnete das Oberlandesgericht Frankfurt (AZ: 19 U 7/99 NZM 2001, 39) zweimaliges Lüften am Morgen und sowie einmal Querlüften am Abend. Sieht der Vermieter die Schuld am Schimmel bei seinem Mieter, ist er allerdings in der Beweispflicht. (BHG XII ZR 272/97 NZM 2000, 549). Luftaustausch ist wichtigLaut Frank Rogmann, Sachverständiger für Gebäudeschäden in Homburg, hängt die optimale Lüftungsfrequenz einerseits von der Feuchtigkeitsproduktion in der Wohnung, andererseits von der Dichtigkeit der Wände und Fenster ab. Ein durchschnittlicher Drei-Personen-Haushalt setzt laut Rogmann durch Duschen, Wäschetrocknen, aber auch schon über den Atmen sechs bis zwölf Liter Wasser pro Tag frei. "Diese Feuchtigkeit muss aus der Wohnung entfernt werden", sagt Rogmann. Dafür ist - abhängig von den Rahmenbedingungen - ein zwei bis sechsmaliger kompletter Luftaustausch nötig. Auch schon kurzes Querlüften reduziert die Luftfeuchtigkeit merklich. Veranwortlich dafür ist, dass die Luft mit steigender Temperatur mehr Feuchtigkeit speichern kann. Während kalte Luft nur vergleichweise wenig Feuchtigkeit aufnimmt, speichert warme Raumluft weit mehr Wasser. So hat an einem kalten Wintertag die Außenluft mit 2,4 Gramm Wasser pro Kubikmeter bereits eine Luftfeuchtigkeit von 50 Prozent. Wird sie auf 20 Grad erwärmt, beträgt die Luftfeuchtigkeit nur noch 14 Prozent - nach dem Lüften kann die kältere Raumluft dann zusätzliche Feuchtigkeit speichern.Neben mehrfachem Lüften hilft es aber auch schon, die Ausbreitung der Feuchtigkeit innerhalb der Wohnung zu vermeiden. Denn diese verteilt sich bei geöffneten Türen wie ein Parfum in der gesamten Wohnung - und schlägt sich dann an kälteren Wänden wie beispielsweise im weniger geheizten Schlafzimmer ab. Gerade bei feuchten Zimmern wie Küche und Bad ist eine intensive Lüftung deshalb sinnvoll, um die Feuchtigkeit schneller abzuführen. Für die Messung der jeweiligen Raumfeuchtigkeit empfiehlt Rogmann den Einsatz eines Hygrometers.Sicher ist häufiges Lüften das beste Mittel zur Schimmelvermeidung, bei der Frage nach der angemessenen Lüftungsaktivität steht aber auch die Frage nach der Praktikabilität im Raum. Die Forderung, sieben Mal täglich zu lüften, bezeichnete beispielsweise das Landgericht Dortmund (AZ: 1 S 4/07) als unzumutbar.

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