"Lieber Kurzarbeit als Entlassungen"2008: Mehr Beschäftigung in vielen BranchenExperten: Anstieg der Arbeitslosenzahlen im Dezember

Saarbrücken. In Folge der Finanzkrise stecken viele Unternehmen angesichts starker Auftragsrückgänge in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Wie lange diese dauern werden, kann seriös niemand sagen. Darauf verweist auch der Chef der Regionaldirektion Rheinland-Pfalz-Saarland der Bundesagentur für Arbeit, Otto-Werner Schade, im Gespräch mit unserer Zeitung

Saarbrücken. In Folge der Finanzkrise stecken viele Unternehmen angesichts starker Auftragsrückgänge in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Wie lange diese dauern werden, kann seriös niemand sagen. Darauf verweist auch der Chef der Regionaldirektion Rheinland-Pfalz-Saarland der Bundesagentur für Arbeit, Otto-Werner Schade, im Gespräch mit unserer Zeitung. Gleichzeitig warnt er die Entscheider in saarländischen Unternehmen vor Panikreaktionen und übereilten Entschlüssen. So sei es für die Betriebe vorteilhafter, ihre Belegschaften jetzt zu halten statt wegen Krisenanzeichen Personal zu entlassen. Zumal sich in immer mehr Unternehmen der zunehmende Fachkräftemangel bemerkbar mache. Nach Beobachtungen von Schade ist im ersten Halbjahr 2009 kein größerer Einbruch für die saarländische Wirtschaft zu erwarten. Die Auftragslage sei in zahlreichen Betrieben und Branchen immer noch gut. Wer dennoch massive Schwierigkeiten für seinen Betrieb sieht, der solle angesichts der zu erwartenden Durststrecke über Kurzarbeit nachdenken. Sie wird seit Beginn des neuen Jahres für die Dauer von bis zu 18 Monaten gewährt, in Ausnahmefällen bis zu 24 Monaten. Grundsätzlich sollen mit Kurzarbeit Entlassungen in Betrieben verhindert werden, die aus wirtschaftlichen Gründen die Arbeitszeit senken müssen. Das Kurzarbeitergeld ist eine Lohnersatzleistung für die Ausfallzeit und wird aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung von der Bundesagentur für Arbeit an sozialversicherungspflichtig Beschäftigte gezahlt.Als Voraussetzung für Kurzarbeit muss unter anderem ein erheblicher Arbeitsausfall vorliegen. Ein Arbeitsausfall ist unter anderem dann erheblich, wenn mindestens ein Drittel der in einem Betrieb Beschäftigten Arbeitnehmer von einem Lohnausfall von jeweils mehr als zehn Prozent ihres Monatslohns betroffen sind. Arbeitnehmer mit mindestens einem Kind erhalten 67 Prozent, Arbeitnehmer ohne Kind in der Regel 60 Prozent ihres üblichen Monatsgehalts. Das jeweilige Unternehmen kann diesen Betrag auf freiwilliger Basis aufstocken. Der Arbeitsausfall muss von der Unternehmensleitung oder der Betriebsvertretung bei der Bundesagentur für Arbeit schriftlich angemeldet werden.Schade verweist darauf, dass Kurzarbeit noch eine weitere Chance bietet: Das Unternehmen könne die Zeit nutzen, um den Mitarbeitern Weiterbildungs-Maßnahmen zukommen zu lassen. Das mache ein Unternehmen auch konkurrenzfähiger gegenüber Mitbewerbern. Nürnberg. Die Wirtschaftskrise wirft erste Schatten auf den bislang robusten deutschen Arbeitsmarkt. Bereits im Dezember sei die Zahl der Erwerbslosen deutlich stärker als im Schnitt der vergangenen drei Jahre gestiegen, betonten Bankenvolkswirte in einer Umfrage der deutschen Nachrichtenagentur dpa. Die Zeit des Job-Booms sei vorbei. Die Experten rechnen zum Jahresende mit einem Anstieg der Arbeitslosenzahlen um 70000 bis 110000 auf 3,06 bis 3,1 Millionen. In den vergangenen Jahren hatte der saisonbedingte Anstieg im Dezember lediglich bei knapp 38000 gelegen. Die offiziellen Zahlen will die Bundesagentur für Arbeit (BA) am kommenden Mittwoch bekanntgeben. Rein zahlenmäßig stehe der Arbeitsmarkt trotzdem noch gut da. Dieses liege aber auch daran, dass die Arbeitslosenstatistik nicht mehr die tatsächliche Lage auf dem Arbeitsmarkt abbilde, gab etwa Alexander Koch von der Hypo-Vereinsbank zu bedenken. So federten noch viele Unternehmen ihre Auftragsflaute mit Sonderurlaub, dem Abbau von Leiharbeitern und Kurzarbeit ab, sagte er. Gedämpft werden könnte der Anstieg der Erwerbslosenzahlen durch die zunehmende Überalterung der Gesellschaft. Dadurch, dass mehr Männer und Frauen als früher in Rente gehen, rechnet die Bundesagentur im Jahr 2009 mit rund 130000 weniger Menschen, die auf den Arbeitsmarkt drängten. Dies drücke auch die Arbeitslosenzahl. Die Zahl der Arbeitslosen war im Oktober erstmals seit dem Wiedervereinigungsboom vor 16 Jahren unter die Drei-Millionen-Marke gesunken. Im November ging sie noch weiter um 8000 auf 2988000 Menschen ohne Job zurück. Die Arbeitslosenquote nahm um 0,1 Punkte auf 7,1 Prozent ab. Vor einem Jahr hatte sie noch bei 8,1 Prozent gelegen. dpaSaarbrücken. Im Saarland sorgten im abgelaufenen Jahr vor allem die Kraftfahrzeugindustrie mit ihren Zulieferern, der Groß- und Einzelhandel, der Maschinenbau, die Bereiche Gesundheits- und Sozialwesen sowie Erziehung und Unterricht für mehr Beschäftigung. Dies geht aus einer Statistik der Regionaldirektion Rheinland-Pfalz-Saarland für 2008 hervor. Auch unternehmensnahe Dienstleister trugen zu neuen Arbeitsplätzen bei. Hier vor allem Unternehmensberater, Wachdienste, Reinigungsfirmen, aber nicht der Bereich Zeitarbeit. Gleichzeitig hat nach Angaben der Regionaldirektion das Saarland im Herbst einen neuen Höchststand bei der Beschäftigung erreicht. Demnach waren im September insgesamt 358000 Arbeitnehmer sozialversicherungspflichtig beschäftigt, was einem Zuwachs von 6600 oder 1,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Dies sei gelungen, obwohl gleichzeitig auch der Personalabbau im Bergbau das Land vor große Herausforderung stellt, insbesondere bei der Suche nach Ersatzarbeitsplätzen. ts

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